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Bloggerin: „Können schnell im Gefängnis landen“

„In russischen Medien gibt es viel Propaganda“, sagte die Ukrainerin Oksana Romaniuk. „Es gibt auch korrekten Journalismus, etwa in Sozialen Medien“, so die Russin Alena Popova. Ein Streitgespräch unter Bloggerinnen.

Kristin Zeier und Oksana Romaniuk
Bild: DW/A. Crössmann

Es gebe einen Kampf in den Medien, der die Krise in der Ukraine begleitet. Die Berichterstattung werde auf beiden Seiten von politischer Propaganda dominiert. Darin waren sich Oksana Romaniuk aus der Ukraine und Alena Popova aus Russland einig. Obwohl sich beide für eine friedliche Lösung stark machten, gingen ihre Ansichten deutlich auseinander. Die Bloggerinnen waren auf Einladung der DW am Mittwoch, 30. April, Gast bei einem Pressegespräch in Berlin.

„Die Situation für Journalisten in Russland ist sehr heikel“, sagte Oksana Romaniuk. „Es gibt eine Art „Putinismus“, dem sich auch viele Journalisten unterwerfen.“ Der Kreml nehme großen Einfluss auf die Medien. „Da steckt auch viel Geld dahinter, es ist hart zu widerstehen. Du kannst zudem auch schnell im Gefängnis landen.“ Bis vor Kurzem sei dies in der Ukraine unter dem gestürzten Präsidenten Janukowitsch ähnlich gewesen, sagte Romaniuk rückblickend. Sie sei damals auch verhaftet worden.
„Bei uns werden nicht alle Journalisten bestochen“, widersprach die über Skype aus Moskau zugeschaltete Alena Popova und warnte vor Pauschalisierung. „Bei uns gibt es auch korrekten Journalismus, vor allem in Sozialen Medien“. Wir sind die Leute, die Kommunikation betreiben, ohne bestochen worden zu sein. Auf beiden Seiten gebe es Propaganda und Lügen. Auf beiden Seiten gebe es aber auch Menschen, die wüßten, wie guter Journalismus geht, wandte sie sich an Romaniuk. „Wir schreiben nicht alle gegen euch, wir schreiben auch für euch“, so die Internet-Unternehmerin.

Sprache und Propaganda

Bewaffnete Kräfte in der Ost-Ukraine seien von Russland finanziert, sagte Romaniuk, Russland kreiere das Bild eines „ausländischen Feindes“. Das sei die Propaganda, die Russland über die Medien betreibe. Popova hingegen berichtete von Verwandten in Sewastopol auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim. Diese hätten offizielle Dokumente in Ukrainisch abfassen müssen, obwohl sie die Sprache nicht beherrschen. Romaniuk widersprach. Auf der Krim sei es immer zulässig gewesen, auch Russisch in den Behörden zu nutzen. Dass die russische Sprache auf der Krim unterdrückt worden sei, gehöre zur Propaganda in russischen Medien, so Romaniuk. Auch auf dem Maidan in Kiew während der Proteste gegen Janukowitsch, wurde immer Ukrainisch und Russisch gesprochen. Gerade in den Sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und im vorrangig russischsprachigen vkontakte, konnte man das sehen.

Patriotismus und Pauschalisierung

„Wir müssen versuchen, gemeinsam im Dialog eine neue Realität zu schaffen und ein objektiveres Bild in den Medien zu zeigen“, so Popova. „Ich möchte, dass mehr Menschen verstehen, Russland ist ein gutes Land. Viele Ukrainer haben dieselbe Vision von ihrem Land“, so Alena Popova. Das sei so in Ordnung. Medien und Politiker sollten das nicht gleich Propaganda nennen. Sie wende sich gegen eine solche Pauschalierung. „Propaganda macht Länder aggressiv. Es gibt viel Propaganda, aber auf beiden Seiten“, unterstrich Popova.
Bernd Johann, Leiter der Ukrainisch-Redaktionder DW, wies auf die schwierige Lage für Medien vor Ort hin. Die Arbeit der Journalisten sei gefährlich. Man brauche mehr Information über die Hintergründe der Krise. Daher habe die DW ihr Korrespondentennetz in der Region ausgebaut.

Zur Frage, welchen Medien und Informationsquellen sie in der Krise vertrauen schenken, sagte Oksana Romaniuk, sie beobachte vor allem viel im Netz: Immer mehr Menschen stellten dort Live-Streams ein, die Bewegtbilder von den Ereignissen zeigten. „Wir vertrauen zudem lokalen Journalisten, die wir kennen, auch einigen internationalen Medien, darunter die Deutsche Welle“, so die Medienexpertin. Das Problem sei aber oft die Masse an Informationen und die Auswahl, die die Medien treffen würden. In der Ukraine gebe es Oligarchen, räumte Romaniuk ein. Diesen „Big Five“ gehörten auch wichtige Medien. „Ich traue nur meinen eigenen Augen“, so Alena Popova. Über die Medien werde ein Keil zwischen Russen und Ukrainer getrieben. Wir müssen gut aufpassen, was wir glauben, so Alena Popova, „sonst sind wir schnell Figuren in einem großen Spiel“.

Beide Bloggerinnen sind Jury-Mitglieder von The Bobs – Best of Online Activism. Der Wettbewerb der DW wird in 14 Sprachen ausgetragen. Die Gewinner werden am 30. Juni beim Deutsche Welle Global Media Forum ausgezeichnet.