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Polen: Druck auf Medien

Die nationalkonservative Regierungspartei PiS schränkt in Polen die Freiheit der Medien weiter ein. Ein besonderer Dorn im Auge ist führenden Politikern der Fernsehsender TVN, der zum US-Konzern Discovery gehört.

Polen Symbolbild  Gazeta Wyborcza
Bild: Aleksander Kalka/ZUMAPRESS/picture alliance

Als die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) 2015 an die Macht kam, wurde die "Repolonisierung" der Medien zu einem der wichtigsten Punkte ihrer politischen Agenda: Heimische Medien sollen in polnischen Händen bleiben – und aus polnischer Perspektive berichten. Darunter versteht die PiS nichts anderes als eigene nationalkonservative und oft antieuropäische Standpunkte.

Diese sollen in den Medien ihren Niederschlag finden. Kein Wunder, dass die Partei gleich nach dem Antritt der neuen Regierung das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP und den polnischen Rundfunk mit linientreuen Redakteuren besetzte. Die Berichterstattung des de facto verstaatlichten Senders trägt propagandistische Züge, wie man sie noch aus den Zeiten des kommunistischen Systems kennt.

Waren die öffentlich-rechtlichen Medien relativ schnell auf nationalen Kurs zu bringen, beanspruchte der private Bereich deutlich mehr Zeit "zur Korrektur". Im Dezember 2020 gelang der PiS ein weiterer Schritt in Richtung „Repolonisierung“: Der staatlich kontrollierte Ölkonzern Orlen kaufte alle polnischen Medien der deutschen Verlagsgruppe Passau auf. Damit sicherte sich die Regierung die Kontrolle über 80 Prozent der Lokalzeitungen im Land und über 500 Online-Portale. "Nach der Übernahme der im Besitz der Verlagsgruppe Passau befindlichen Medien hat die PiS die Medien mit ihr nahestehenden Leuten besetzt. Journalisten wurden einfach durch politische Propagandisten ersetzt", sagt Juliusz Braun, Vertreter der Opposition im Rat der Nationalen Medien. 

Damit habe die PiS deutlich gezeigt, dass sie auch nicht vor Eingriffen in den privaten Medienmarkt zurückschrecke, so Braun. Alarmiert war auch der damalige polnische Ombudsmann für Menschenrechte, Adam Bodnar: "Das ist ein historischer Moment, der zeigt, dass sich die Regierung in Warschau für einen Kurs entschieden hat, den wir in Ungarn unter Regierungschef Viktor Orbán beobachten konnten."

Die "Repolonisierung" sollte schließlich den unabhängigen Sender TVN treffen. Wie ein Damoklesschwert hängen über dem Sender die Drohungen der PiS, die "Kontrolle" ausländischer Medienkonzerne über die polnischen Medien drastisch einzuschränken. Da TVN zu 100 Prozent dem US-Konzern "Discovery" gehört, könnte das für den Sender Konsequenzen bis hin zum Entzug der Sendelizenz bedeuten. Dabei ist TVN der Einzige der drei großen Fernsehsender in Polen, der offen proeuropäisch und liberal berichtet. In den investigativen Sendungen wird der PiS besonders genau auf die Finger geschaut. Angesichts der drohenden Einschränkungen hat sich TVN eine Lizenz in den Niederlanden gesichert, um von dort aus das Programm für polnisches Publikum ausstrahlen zu können.

Das US-Außenministerium hatte die Pläne der PiS offen kritisiert – nicht zum ersten Mal. Als 2017 der Sender für eine kritische Live-Berichterstattung aus dem Parlament in Warschau mit einem Bußgeld in Höhe von 350.000 Euro belegt wurde, hatte das State Department in Washington die Regierung in Polen gewarnt und zur Achtung der Pressefreiheit gemahnt. Die Strafe wurde aufgehoben. 

Am schwierigsten zu treffen sind die wenigen unabhängigen Medien, die keine "fremden", sondern polnische Besitzer haben. In der Regel lassen sich nicht aufkaufen, und die PiS-Regierung bedient sich verschiedener Methoden, um auch ihnen das Leben schwer zu machen. Staatliche Institutionen dürfen inzwischen keine Anzeigen und Bekanntmachungen mehr in liberalen Medien veröffentlichen: ein erheblicher finanzieller Verlust für die Eigentümer. Eine andere Methode, gegen unabhängige Medien vorzugehen, sind Einschüchterungsversuche. 

Für den investigativen Journalisten Wojciech Czuchnowski, der mehrere Korruptionsskandale im Regierungslager aufgedeckt hat, ist das schon tägliches Brot. Die PiS und verschiedene Staatsorgane sind gegen mindestens 50 seiner Artikel juristisch vorgegangen. Sie klagten auf Entschuldigungen und auf Geldbußen, jeweils bis zu 12.000 Euro. "Es erschwert meine Arbeit und kostet Zeit, weil ich mich zu jeder Anzeige äußern muss. Das friert meine journalistische Arbeit ein", sagt Czuchnowski im Gespräch mit der DW. Er lasse sich nicht einschüchtern. Was ihn stark mache, sei die Unterstützung der Leser.

Auch die TVN-Journalisten können sich auf die Unterstützung ihrer Zuschauer und Kollegen verlassen. Die Demonstrationen gegen ein Gesetz, das sich gegen TVN richtet ("Lex TVN") und für die Pressefreiheit brachten in Polen im Sommer 2021 Tausende Menschen auf die Straßen. Auch im Ausland hagelt es Kritik an der Einschränkung der Pressefreiheit. Auf der jährlich veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) ist Polen zwischen 2015 und 2021 vom 18. auf den 64. Platz abgestürzt.

Weltzeit | Monika Sieradzka

Monika Sieradzka

berichtet seit 2016 für die DW aus Polen. Davor hat sie als Reporterin, Redakteurin und Moderatorin beim polnischen öffentlich-rechtlichen Sender TVN gearbeitet, der inzwischen von der PiS-Regierung kontrolliert wird. Sie ist Autorin mehrerer Fernsehdokumentationen. Als Mitautorin der Dokumentation „Kinderraub der Nazis“ (DW, MDR) wurde sie mit dem Deutsch-Polnischen Journalistenpreis 2021 ausgezeichnet. Bei der DW schreibt sie über Politik, Geschichte und die deutsch-polnischen Beziehungen.

@mo_sieradzka