Émile Bernard - Am Puls der Moderne
Zeitlebens stand der Maler im Schatten seiner Künstlerfreunde Gauguin und Van Gogh. Dabei war Émile Bernard Mitbegründer des Symbolismus, der den Weg in die Moderne ebnete. Eine Bremer Ausstellung würdigt nun sein Werk.
Der Unbekannte
Toulouse-Lautrec, Cézanne, Gauguin: Zwischen den bekannten Malern des ausgehenden 19. Jahrhunderts taucht der Name Émile Bernard nicht auf. Dabei stand er mit seinen Zeitgenossen in engem Austausch. Mit Gauguin prägte er den Synthetismus: eine Richtung, die die Gefühle für die Natur abbilden soll. Klare Linien und farbgewaltige Flächen ziehen sich dabei durch das Werk Bernards.
Pariser Lehrjahre
1868 in Frankreich geboren, interessierte sich Émile Bernard schon früh für Malerei. Mit 16 Jahren trat er in die private Pariser Malschule von Fernand Cormon ein. Mit Henri de Toulouse-Lautrec und Louis Anquetin erkundete er nach dem Unterricht das Pariser Nachtleben und die Cabarets am Montmartre. Seine Pastell- und Gouache-Zeichnung lässt die Verlockungen des nächtlichen Treibens erahnen.
Skizzen zur künstlerischen Selbstfindung
Frühe Skizzen zeigen Porträts und Alltagssituationen. Auch auf einer Wanderung durch Frankreichs Norden führte Émile Bernard ein umfangreiches Skizzenbuch mit sich. Die Zeichnungen dokumentieren seine Suche nach einem künstlerischen Stil. Die Ausstellung in Bremen zeigt erstmals ein Album mit mehr als 850 Skizzen des Malers, der sich unterschiedlichster Techniken und Stilrichtungen bediente.
Ein seltenes Van Gogh-Porträt
Dass Émile Bernard im Jahr 1886 Bekanntschaft mit Van Gogh machte, belegt nicht nur ein reger Briefwechsel, sondern auch ein im Vorfeld der Ausstellung gefundenes Porträt: Mit einer Federzeichnung verewigte Bernard den niederländischen Künstler in seinem Skizzenbuch. Eine erstaunliche Entdeckung, denn abgesehen von seinen Selbstporträts gibt es nur sehr wenige Darstellungen von Van Gogh.
Die Urtümlichkeit der Natur
Die Menschen in der Bretagne, ihre Urtümlichkeit und Religiosität, aber auch die raue Natur inspirierten Bernard zu seinen Werken. Im bretonischen Künstlerdorf Pont-Aven traf Bernard auf den 20 Jahre älteren Paul Gauguin: Fortan malten sie Seite an Seite. Beide waren der Ansicht, dass sich die Mittel der traditionellen Malerei erschöpft hatten, weshalb sie neuen Ausdrucksformen suchten.
Der Erfinderstreit
Das Werk von 1888 zeigt Bernards Schwester. Es lässt die Bildsprache erkennen, die er gemeinsam mit Gauguin entwickelte. Das Malen aus der Erinnerung heraus ist Grundzug des Symbolismus, aus dem später der Synthetismus entstand. Die Erfindung des Symbolismus nahmen beide Künstler für sich in Anspruch: 1891 zerstritten sie sich, nachdem sie in einem Artikel nur Gauguin zugeschrieben worden war.
Neubeginn im Orient
Der Bruch mit Gauguin kränkte Bernard so sehr, dass er Frankreich den Rücken zukehrte. Ab 1893 lebte er ein Jahrzehnt lang in Kairo. Fortan illustrierten seine Bilder seine Entdeckung des Orients. Gleichzeitig wandte er sich verstärkt Aktdarstellungen zu. Von den spanischen Künstlern Velázquez und Zurbarán inspiriert, arbeitete Bernard zunehmend klassisch.
Ein Leben gegen den Zeitgeist
Die Brüche im Leben von Émile Bernard zeugen von seinem Mut, sich den Trends im Pariser Kunstbetrieb zu widersetzen. Das Zeugnis seines Stilwandels ist bis zum 31.Mai 2015 in der Kunsthalle Bremen ausgestellt: "Émile Bernard – Am Puls der Moderne" zeigt 120 Werke des Künstlers und gibt Bernard seinen rechtmäßigen Platz in der Geschichte der modernen Malerei.