10 Wegbereiter des deutschen HipHop
Anfang der 90er wurden Rap und HipHop in Deutschland salonfähig. Vom Freundeskreis bis zu den Absoluten Beginnern: Hier sind die Pioniere des deutschen Sprechgesangs.
Die Fantastischen Vier
Wegen leichtgängigen Pop-Hits wie "Die da!?!" gelten die Stuttgarter Smudo, Thomas D, Hausmarke und And.Ypsilon lange Zeit in der Deutschrap-Szene als HipHop-Clowns. Das ändert sich spätestens 1996 mit der Gründung ihres Labels Four Music, mit dem sie Underground-Rapper wie Freundeskreis, Blumentopf und Afrob populär machen. In jedem Fall beweisen sie schwäbischen Geschäftssinn.
Freundeskreis
Der Stuttgarter Rapper Max Herre (rechts) ist geprägt von der marxistischen Sozialisation seiner Eltern und Bands wie A Tribe Called Quest und De La Soul. Zusammen mit dem US-Rapper Sékou Neblett (vorne links) macht er Freundeskreis zum Aushängeschild intellektueller HipHop-Fans und gründet das lokale Bündnis Kolchose Stuttgart. Rap-Kollegen verspotten Freundeskreis gerne als "Studenten-Rapper".
Advanced Chemistry
Zwei Afrodeutsche und ein italienischstämmiger Rapper aus der Dichterstadt Heidelberg gelten unangefochten als Pioniere des deutschen HipHop-Untergrunds. 1987 gegründet, bewegen sich Advanced Chemistrys Einflüsse zwischen Afrika Bambaataa und Kurt Tucholsky. Vor allem Frederik Hahn alias Torch (links) wird zur Leitfigur. Inzwischen lebt er aber zurückgezogen in der Schweiz.
Cora E.
Sie ist die erste prominente Frau im deutschsprachigen HipHop: Als Teenager wird Sylvia Macco alias Cora E. Mitte der 80er Jahre in Kiel vom HipHop-Virus erfasst. Anfang der 90er tourt sie selbstbewusst durch deutsche Clubs und Jugendhäuser. In Songs wie "Könnt Ihr mich hör'n" erklärt sie die Grundpfeiler der Kultur und in "Schlüsselkind" verarbeitet sie ihre schwierige Kindheit.
MC René
Mit seinem schnellen Mundwerk wird René El Khazraje alias MC René aus Braunschweig bereits mit 15 ein Szene-Star. Seine Freestyle-Künste machen ihn zum Abziehbild einer "neuen Reimgeneration". 1999 rappt er auf Augenhöhe mit seinen Helden Grandmaster Flash und Flavor Flav von Public Enemy auf DJ Tomekks Hit "1, 2, 3 Rhymes Galore". Heute arbeitet er auch als Stand-Up-Comedian.
Rödelheim Hartreim Projekt
Moses Peter Pelham wächst in Frankfurt am Main auf und landet 1989 mit dem englischsprachigen Song "Twilight Zone" einen Dance-Hit. Als er 1993 das deutschsprachige Album "Direkt aus Rödelheim" veröffentlicht, ist die HipHop-Szene verstört: Moses P. scheut sich nicht, andere Rapper zu "dissen" - also verbal zu erniedrigen. Inzwischen gilt er als feinfühliger Texter für die Soul-Band Glashaus.
Absolute Beginner
Sie haben noch kein Abitur, da sind die vier Hamburger 1992 bereits Szene-Stars. Sozialisiert im autonomen Milieu sind ihre ersten Texte voller jugendlicher Wut gegen Fremdenhass und Umweltverschmutzung. Ohne Martin Wilkes (links) erschaffen Dennis Lisk, DJ Guido Weiß und Jan Phillip Eißfeldt 1998 das Meilenstein-Album "Bambule". Eißfeldt auch als Solokünstler Jan Delay überaus erfolgreich.
Die Coolen Säue/DCS
Anfang der 90er Jahre machen sich Die Coolen Säue aus Köln mit verschiedenen "Rap gegen Rechts"-Songs einen Namen. Ihr Sound ist geprägt von lässigen Jazz- und Funk-Samples: Schivv (Mitte hinten) und Rotzlöffel (rechts) rappen über Trennungen und Alltagsbeobachtungen. 1997 schreiben sie Songs für die Komödie "Die Musterknaben". Ihr 2012er-Album "Silber" ist ein gutes Beispiel für "Grown Man Rap".
Eins Zwo
Rapper Dendemann kommt aus Menden im Sauerland, DJ Rabauke aus Flensburg: In Hamburg gründen sie 1997 Eins Zwo. Ihr Sound ist geprägt von überraschenden Reimketten und einer ungewöhnlichen hohen Dichte von Vocal-Samples anderer Rapper. Vor allem Dendemann wird mit seinem Wortwitz zur beliebten Szene-Größe.
Ruhrpott AG (RAG)
Gegründet 1996 in Bochum, setzen die Rapper Pahel, Galla und Aphroe mit ihrem DJ Mr. Wiz (hinten) auf einen düsteren, harten Sound, der die Atmosphäre des Ruhrgebiets optimal einzufangen versteht. Ihre Lyrik ist durchdacht und voller Anspielungen auf alle Bereiche der Pop-Kultur. Einer von ihnen hat etwas mit Tigon in dem deutschen HipHop-Film "Blacktape" (2015) zu tun.