Al Dschasira made in USA
3. Januar 2013Nach Berichten von US-Medien zahlen die Araber für den linksliberalen Sender Current TV rund 500 Millionen Dollar. Davon erhalte der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore, der Current TV 2005 mitgegründet und bis zuletzt mitgeführt hatte, rund hundert Millionen Dollar, berichtete das Wirtschaftsmagazin Forbes.
Gore und seinen Mitstreitern ist es in den vergangenen acht Jahren nie gelungen, Current TV zu einem wirklich relevanten Sender zu machen. Zuletzt schalteten durchschnittlich etwa 42.000 Menschen ein. Zu empfangen ist Current nach eigenen Angaben über Kabel oder Satellit von rund 60 Millionen Bürgern. Current-Chef Joel Hyatt schrieb in einer Email an die Mitarbeiter, er und Gore würden als Berater für den neuen Sender arbeiten.
Und mit dem hat Al Dschasira einiges vor: Wie der Konzern in Doha im Golfemirat Katar mitteilte, ist geplant, einen Nachrichtensender mit Sitz in New York aufzubauen. "Al Dschasira America" soll Inlands- und Auslandsnachrichten bringen. Zusätzlich zu den bestehenden Redaktionen in New York, Washington, Los Angeles, Miami und Chicago würden Büros in weiteren wichtigen US-Städten eröffnet. Die Mitarbeiterzahl in den USA soll auf mehr als 300 steigen.
Der Al Dschasira-Konzern aus dem Golfemirat, betreibt zahlreiche Sender, darunter Al-Dschasira Englisch und Al-Dschasira Ägypten Live. Demnächst geht der Nachrichtensender Al-Dschasira Türk an den Start. Al Dschasira unterhält inzwischen mehr 100 Büros weltweit und gehört mit einer geschätzten Reichweite von bis zu 250 Millionen Haushalten in 130 Ländern zu den größten internationalen Medienkonzernen.
Der Emir von Katar, Scheich Hamad bin Chalifa al-Thani, hatte den Sender 1996 gegründet. Al Dschasira griff Tabu-Themen auf und revolutionierte dadurch die arabische Medienlandschaft. Liberale Araber beklagen jedoch seit einiger Zeit, der Sender sei inzwischen zu einem "Propagandaeinrichtung für die Muslimbruderschaft" geworden. Ehemalige Mitarbeiter kritisieren, Beiträge, die nicht der außenpolitischen Linie Katars folgen, würden nicht gesendet. Dies sei vor allem bei der Berichterstattung über die jüngsten Ereignisse in Ägypten und Syrien deutlich geworden. Ähnlich äußerte sich der frühere Al-Dschasira-Korrespondent Aktham Suliman vor wenigen Tagen im Gespräch mit der "Deutschen Welle".
Medienexperten sind skeptisch, dass Al Dschasira America eine Erfolgsgeschichte werden wird. So sagte Philip Seib, der ein Buch über den arabischen Medienkonzern geschrieben hat, der "New York Times": "Es gibt hier immer noch Menschen, die sich weigern, den Sender zu sehen, und die ihn für ein Terroristen-Netzwerk halten."
wl/gmf (dpa, rtr, dapd, afp)