Angolas Wirtschaftswunder in Gefahr
1. April 2009Das Geheimnis des Erfolgs sind die Ölexporte des Landes. Doch die internationale Finanzkrise könnte den Boom im südwestafrikanischen Wirtschaftswunderland abrupt beenden.In Luanda selbst ist noch nicht viel von einem Ende des Wirtschaftsbooms zu spüren. Hotelpreise und Mieten schweben weiter in astronomischen Höhen und die angolanische Hauptstadt gilt als teuerste Metropole der Welt. Selbst für einfache Zweizimmer-Wohnungen müssen etwa 4000 US-Dollar Monatsmiete bezahlt werden; bar auf die Hand und ein Jahr im Voraus. Doch sollte der Wirtschaftsboom Angolas so abrupt zum Ende kommen, wie das die Londoner Analysefirma Economist Intelligence Unit (EIU) vorhersagt, so könnte sich dieser Zustand bald ändern. "Aufgrund des gesunkenen Ölpreises und der sinkenden Öl-Produktionsmenge wird die Wirtschaft in diesem Jahr um etwa zwei Prozent schrumpfen. Das wird für die Angolaner gravierende Konsequenzen haben", so Edward George vom EUI Angola.
Optimismus trotz sinkender Erdölpreise
Die Regierung des Landes selbst hält aber unbeirrt an ihrer Wachstumsprognose fest und sagt ein Wachstum von acht bis neun Prozent voraus. Auf dem zweiten deutsch-angolanischen Wirtschaftsforum Ende Februar in Berlin versprühte der angolanische Finanzminister Eduardo Leopoldo Severim de Morais puren Optimismus. "Es gibt keine Wachstumskrise in Angola, es gibt keine Stagnation und schon gar keine Rezession. Wir werden weiter wachsen. Nicht mehr ganz so schnell wie in der Vergangenheit, aber es wird weiter Wachstum geben", sagte er. Die EUI schätzt allerdings, dass Angola aus dem Erdölexport nach 65 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr in diesem Jahr nur noch 21 Milliarden Dollar einnehmen wird. Das wäre ein Rückgang um mehr als zwei Drittel. Diese Prognose wird auch vom angolanischen Ölministerium bestätigt. In den letzten sechs Monaten sei der Erdölpreis stark gefallen, was sich auch auf die internen Staatseinnahmen negativ auswirke. Dennoch bleibe man optimistisch, dass die Preise wieder steigen werden, sagte Ölminister José Maria Botelho de Vasconcelos. Höhere Preise pro Barrel bräuchte die Regierung in Luanda dringend. Sie hat für ihren Haushalt mit 55 US-Dollar pro Barrel gerechnet. Im vergangenen Jahr noch ein sehr konservativer Wert, in diesem Jahr aber weit von der Realität entfernt, denn aktuell kostet das Barrel rund 45 US-Dollar.
Preiskontrolle durch OPEC-Mitgliedschaft?
Um mehr Einfluss auf die internationalen Ölpreise zu bekommen, ist Angola 2008 als Vollmitglied der Organisation Erdölexportierender Staaten (OPEC) beigetreten. Derzeit hat das Land sogar die OPEC-Präsidentschaft inne. Doch die Kehrseite der Mitgliedschaft sind heftige Produktionskürzungen. So darf Angola statt knapp 2 Millionen Barrel am Tag nur noch 1,5 Millionen Barrel produzieren. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen, sagt EIU-Analyst Edward George: "Das Erdöl stellt etwa 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Angolas. Die Einnahmen aus dem Erdölgeschäft werden nun sinken, was sich vor allem auf den Staatshaushalt auswirkt. Das bedeutet, dass die öffentlichen Investitionen im Jahr 2009 sinken müssen. Diese beiden Dinge – der Rückgang der Fördermenge und der brüske Rückgang der öffentlichen Investitionen – bedeuten, dass das Bruttoinlandsprodukt schrumpfen wird. Edward George nimmt an, dass die Regierung zahlreiche Investitionen im Bereich Gesundheit, Bildung und Wohnungsbau aufschieben muss. Dazu fehle ihr schlichtweg das Geld. Denn es ist kein Sektor in Sicht, der das kriselnde Ölgeschäft auffangen könnte.
Zurück zu den Anfängen
Auch im traditionell zweitstärksten Exportzweig, der Diamantenwirtschaft lässt die Weltwirtschaftskrise Preise und Nachfrage purzeln. Angola hat es aber in den Zeiten des Wunderwachstums versäumt, seine Wirtschaft um weitere Zweige neben Diamanten und Öl zu diversifizieren. Und so erinnert sich erst jetzt die Regierung an einen Sektor, den sie in den Zeiten des Ölbooms fast komplett vergessen hatte: die Landwirtschaft.