Architektonische Ideen gegen die Hitze
Durch den Klimawandel erleben wir Jahr für Jahr neue Hitzerekorde, weltweit steigen die Temperaturen. Was können Stadtplanung und Architektur gegen die Ursachen der globalen Erwärmung ausrichten?
Klimaanlagen sind das Problem
Nichts fühlt sich an einem heißen Tag besser an, als in einen klimatisierten Raum zu gehen. Die Internationale Energieagentur (IEA) zählt jedoch den Gebrauch von Klimaanlagen zu den wichtigsten Faktoren für den steigenden Strombedarf, er macht zehn Prozent des weltweiten Stromverbrauchs aus. Der benötigte Strom wiederum wird immer häufiger durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe gewonnen.
"Geddes Plan" für Tel Aviv
Lange vor der Gründung Israels 1948 konsultierte die zionistische Kommission den schottischen Stadtplaner Patrick Geddes. Sie wollte schon 1925 wissen, wie sich die Auswirkungen des Wüstenklimas auf die Metropole Tel Aviv minimieren lassen. Die Straßen wurden in einem Raster gebaut, das die Brise vom Mittelmeer in die Stadt leitet. Bis heute profitiert Tel Aviv von den Maßnahmen.
Bauhaus: Deutsches Design zum Abkühlen
Auch das vor 100 Jahren gegründete Bauhaus setzte damals klimafreundliche Ideen in Tel Aviv um. Mit seiner Vorliebe für weiße Flächdächer etwa, die Sonnenwärme reflektieren. Auch Solarzellen lassen sich einfacher auf Flachdächern installieren als auf anderen Gebäuden.
Nigerias cooles Design
Der israelische Architekt Arieh Sharon baute in den 1960er Jahren die Obafemi Awolowo University in Nigeria und griff dafür auf Ideen des Bauhaus zurück. Er berücksichtigte bei seiner Planung der Awolowo Universität die Anlage von Gärten und Innenhöfen mit Bäumen, in denen sich der Wind bewegen konnte. Die Klassenzimmer sind immer sieben Grad kühler als die Außentemperatur.
Grüne Oasen stärken in Barcelona
"Superblöcke" heißt das Konzept in Barcelona. Einige Stadtviertel wurden von dem Jahr 2013 an radikal autofrei gemacht. Verkehr wird außenrum geleitet. Neun Wohnblöcke wurden zu einem sogenannten "Superblock" zusammengefasst. Nur Lieferanten und Anwohner dürfen in den Straßen fahren. Die Folge: weniger schädliche Abgase, mehr Ruhe, mehr Platz für Grünflächen.
Vertikale Gärten in Paris
Kletter- und Rankpflanzen wie Efeu und wilden Wein wachsen hier die Fassade des Musée Quai Branly die Fassade hoch. Die Idee stammt von dem Franzosen Patrick Blanc. Der Botaniker schuf für das Pariser Museum eine 800 Quadratmeter große Pflanzenwand, das CaixaForum in Madrid bedeckte er mit einem sechs Stockwerke hohen Teppich aus rund 15.000 Pflanzen 250 verschiedener Arten.
Städte, die dem Klima trotzen
Bei steigenden Temperaturen gibt es größere Risiken, als ins Schwitzen zu kommen. Der Anstieg von Naturkatastrophen steht Forschern zufolge in direktem Zusammenhang mit dem Klimawandel. Als der Hurrikan Harvey 2017 auf Houston traf, profitierte die Stadt von der intelligenten Gestaltung ihres 64 Hektar großen Buffalo Bayou Parks, der als Überschwemmungsgebiet diente.
Klimaschutz im Nahen Osten
Der Städtebau in Teilen des Nahen Ostens bietet neue Möglichkeiten, die Auswirkungen des Klimawandels von Beginn an anzugehen. Neben dem Flughafen von Abu Dhabi wird derzeit eine ganze Vorstadt gebaut, die mit erneuerbaren Energien betrieben und netto emissionsfrei werden soll. Masdar City könnte die Blaupause für die Stadtgestaltung von morgen sein.
Ein alter Entwurf aus dem Oman
Die Straßentemperatur im Stadtteil Masdar City in Abu Dhabi ist bis zu 20 Grad Celsius kälter als die Hitze in der umliegenden Wüste. Für eine frische Brise sorgt ein Windturm, der die kühlere Luft vom Himmel nach unten drückt. Diese Idee stammt aus der antiken Stadt Muscat im Oman, wo höhere Gebäude entworfen wurden, um Winde in enge Straßen zu leiten.
Passives Design - ein Hingucker
Wer in naher Zukunft ein Haus bauen will, sollte passiv denken. Passives Design beinhaltet Funktionen, die Auswirkungen auf die Umwelt - und damit auf unser Leben - minimieren. Dazu gehören kleinere Fenster, Überdachungen, Platz für Solarmodule oder Dachgärten, wo der Regen das Gebäude abkühlt und gleichzeitig die Pflanzen nährt, die unsere CO2-Emissionen ausgleichen. Ein wahrer Hingucker!
Schluss mit Beton?
Um den Klimabedürfnissen der Zukunft gerecht zu werden, müssen neue Baustoffe her. Problematisch ist vor allem der weit verbreitete Einsatz von Beton mit seinem riesigen CO2-Fußabdruck. Bestehende Betongebäude, etwa die brutalistischen Bauwerke aus den 1960er Jahren, sind jedoch große Wärmedämmer. Also gilt: Auf den Einsatz von Beton verzichten, aber die vorhandenen Betonbauten optimal nutzen.