Argentiniens Ex-Militärmachthaber Massera tot
9. November 2010Wie die Ärzte des Marinekrankenhauses mitteilten, starb Massera am Montag (08.11.2010). Im Jahr 2002 hatte Massera bereits einen Gehirnschlag erlitten, wodurch er für prozessunfähig erklärt wurde. So entging er einem Verfahren wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Chef von Folter- und Mordzentrum
Emilio Massera galt als ideologischer Kopf der letzten Militärdiktatur. Er gehörte neben General Jorge Rafael Videla (85) und dem 1997 verstorbenen General Orlando Ramón Agosti der Militärjunta an, die sich im März 1976 an die Macht geputscht hatte. Der frühere Admiral hatte als Marinechef die Verantwortung für die Marineschule ESMA in Burenos Aires getragen - eine der größten Folter- und Mordzentren des Landes. Rund 5000 Regimegegner sollen dort gefoltert worden sein. Die meisten der Insassen wurden ermordet - auch schwangere Frauen. Deren dort geborene Babys wurden unter neuer Identität vor allem an Sympathisanten der Militärjunta weitergegeben.
Während der Militärdiktatur in der Zeit von 1976 bis 1983 wurden in Argentinien nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen rund 30.000 Menschen verschleppt, gefoltert und ermordet.
Verhaftet, verurteilt, begnadigt, verhaftet...
1983 hatte Emilio Massera noch versucht, eine politische Karriere zu beginnen. Bei der ersten demokratischen Wahl wollte er sich um das höchste Staatsamt bewerben. Vor Beginn des Wahlkampfes wurde er jedoch wegen Menschenrechtsverbrechen festgenommen.
1985 wurde Emilio Massera wegen Mordes, Entführung und Folter zu lebenslanger Haft verurteilt. Fünf Jahre später wurde er allerdings wie viele Angehörige der Militärdiktatur von dem damaligen Präsidenten Carlos Menem begnadigt - als Zeichen der nationalen Versöhnung, wie es hieß.
1998 wurde Massera erneut festgenommen, diesmal wegen des Raubs von Kindern der Opfer. Dieser Straftatbestand war durch keines der Amnestiegesetze abgedeckt. Nach einem Hirnschlag im Jahr 2002 wurde der ehemalige Militärmachthaber für verhandlungsunfähig erklärt. Darum konnte er auch nach der Aufhebung der Amnestiegesetze im Juni 2005 nicht mehr für Diktaturverbrechen vor Gericht gestellt werden.
Autor: Marco Müller (dpa, epd, afp, ap)
Redaktion: Oliver Pieper