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Glaube

Aufeinander zugehen und Freude teilen

7. Dezember 2024

Am 6. Dezember gedenken wir dem heiligen Nikolaus. An diesem Tag starb der Bischof von Myra im vierten Jahrhundert. Sein Wirken reicht bis in die heutige Zeit. Ein Beitrag der katholischen Kirche.

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Bild: Michael Schick/IMAGO

Als Kind habe ich meine Stiefel geputzt und am 5. Dezember abends vor die Tür gestellt. Am nächsten Morgen war ich ganz aufgeregt und sprang aus dem Bett. Ich wollte wissen, was der Nikolaus mir gebracht hatte. Und jedes Mal war etwas im Stiefel, meist Süßigkeiten und ein kleines Geschenk. Ich freute mich darüber, dass der Nikolaus den Weg zu mir gefunden hatte.  

Viele Kinder werden am gestrigen Tag ebenfalls eine solche Freude darüber empfunden haben, dass der Nikolaus an sie gedacht und ihnen kleine Geschenke gebracht hat. Aber ist der Nikolaustag wirklich nur ein Fest für Kinder? 

Der Nikolaus war viel mehr als ein Geschenkeüberbringer. Die Figur des heiligen Nikolaus beruht auf zwei historischen Persönlichkeiten, einmal dem Nikolaus von Sion (6. Jahrhundert nach Christus) und Nikolaus Bischof von Myra (4. Jahrhundert). Dieser war ein Mann aus wohlhabendem Hause, der sein Vermögen mit anderen Menschen teilte. So warf er drei Nächte hintereinander jeweils einen Goldklumpen in Form eines Apfels durch das Fenster eines Hauses, indem ein armer Mann mit seinen drei Töchtern lebte. Durch das großzügige Geschenk des Nikolauses konnte der Mann die Mitgift für die Hochzeit seiner Töchter zahlen und diese waren vom Zwang der Prostitution befreit. Auf dieser Legende beruht der Brauch, dass der Nikolaus Kindern in der Nacht Geschenke bringt.  

Eine andere Legende besagt, dass Nikolaus von Myra die Steuerung eines in Seenot geratenen Bootes übernahm und den Sturm zum Schweigen brachte. Deshalb gilt er seit vielen Jahrhunderten als Schutzpatron der Seeleute und viele Kirchen in den Hansestädten tragen seinen Namen. Es gibt noch zahlreiche Legenden, die uns von der Großzügigkeit des Nikolauses erzählen. Von ihm können wir bis heute lernen, welche Freude es bereitet, andere Menschen zu beschenken. Oft habe ich das Gefühl, dass sich das Leben in unserer Gesellschaft größtenteils um Konsum und andere materielle Dinge dreht. Wer hat das schnellste Auto, das größte Haus oder die trendigste Mode? Diese Fragen treiben viele Menschen um und dabei kommt die Mitmenschlichkeit oft zu kurz. Wir Vergessen häufig, wie gut es uns geht. Wir leben, trotz steigender Preise und anderer Krisen, immer noch in einem wohlhabenden Land. Wir müssen keinen Hunger leiden und keinen Krieg fürchten. In vielen Regionen der Welt sieht das anders aus. Manchmal fehlt mir in unserer Gesellschaft die Demut und die Dankbarkeit für das, was wir haben. Unseren Reichtum könnten wir auch mit anderen teilen. Dabei geht es mir nicht allein um materiellen Reichtum, denn was viel oder wenig an Besitz und Geld ist, liegt in der Betrachtung eines jeden Einzelnen von uns. 

Gott ruft uns dazu auf, unsere Talente in die Gesellschaft einzubringen und barmherzig zu sein. Dabei bedeutet Barmherzigkeit nicht Mitleid im Sinne von Bedauern, sondern Empathie und Tatkraft. Es müssen nicht immer materielle Dinge sein, die wir verschenken. Sich Zeit für andere nehmen und ihnen begegnen ist in vielen Fällen das größte Geschenk, das wir unseren Mitmenschen machen können. Das kann entweder ein Telefonat mit einem Freund sein, mit dem man lange nicht gesprochen hat oder eine Mittagspause, in der sich mit den Kolleginnen und Kollegen ein gutes Gespräch ergibt, das sich nicht nur um berufliche Themen dreht. Solche Begegnungen mit anderen Menschen können aber auch für einen selbst zum Geschenk werden. Als ich für einige Zeit in Köln lebte, führte mich mein täglicher Weg zur Arbeit am Hauptbahnhof vorbei. Dort kam ich mit einigen Obdachlosen ins Gespräch. Manchmal waren es nur kurze Begegnungen, aber es war auch das ein oder andere längere Gespräch darunter. Ich spürte, wie gut uns beiden dieses Gespräch tat. Mein Gegenüber freute sich, dass ich mir die Zeit nahm, mir seine Geschichte anzuhören und ich erfuhr viel über einen Menschen und sein Leben auf der Straße. Ein Leben, das mir bis dato unbekannt war.  

Manchmal lohnt es sich, über den Tellerrand hinauszuschauen und anderen Menschen zu begegnen, denn auch Verschiedenheit kann eine Bereicherung sein. Die Barmherzigkeit und Nächstenliebe, zu denen uns der Nikolaus aufruft, stecken in so vielen kleinen und großen Dingen. Lassen Sie uns jeden Tag auf die Suche danach gehen und die Freude darüber mit anderen teilen. 

 

Zur Autorin: 

Nina Odenius wurde 1990 am Niederrhein geboren. Sie studierte Romanistik und Politikwissenschaft in Düsseldorf und absolvierte im Anschluss ein Volontariat am Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses (IFP) in München in Kooperation mit DOMRADIO.DE in Köln. Heute ist sie als Journalistin in den Bereichen Bildung und Kirche tätig.  

Autorin  Nina Odenius
Bild: katholische Kirche

Dieser Beitrag wird redaktionell von den christlichen Kirchen verantwortet.