Aufstieg der Sex-Unternehmerin Beate Uhse
Ihren Namen kennen viele, doch die Geschichte hinter der Erotik-Geschäftsfrau nur wenige. Wir zeigen Beate Uhses Anfänge und Stationen - von ersten Broschüren der Nachkriegszeit bis hin zum börsennotierten Unternehmen.
Aufklärerin und Firmenchefin
Sie brach mit Tabus und sprach offen über Sex und Leidenschaft. Im prüden Nachkriegsdeutschland war ihr Name zur Marke geworden, stand für Aufklärung, Sex und Erotik - und ist bis heute so bekannt wie Tempo, Nivea und Coca-Cola. Beate Uhse starb 2001, am 25. Oktober jährt sich ihr Geburtstag zum 100. Mal.
Durch die Lüfte
Beate Uhse, geboren als Beate Köstlin, stammte von einem Gutshof in Ostpreußen. Das sportliche Mädchen ging nach dem Abitur für ein Jahr als Au-pair nach England und absolvierte eine Pilotenausbildung. Im Krieg heiratete sie ihren Fluglehrer Hans-Jürgen Uhse. Sie flog für Firmen und wurde Hauptmann der Luftwaffe. Nach kurzer Gefangenschaft war sie mittellose Kriegerwitwe mit einem kleinen Sohn.
Früher Geschäftssinn
Beate Uhse hatte stets den richtigen Riecher: Mit einer Aufklärungsschrift über die fruchtbaren Tage der Frau erwirtschaftete sie gleich nach Kriegsende ein Startkapital. Grundstein für ihr Erotik-Imperium, das mit der sexuellen Befreiung in den späten 1960er Jahren so richtig durchstartete. Als die DDR 1989 ihre Grenzen öffnete, standen auch die Ladentüren ihres West-Berliner Sexshops weit offen.
Direkte Ansprache
Das Erfolgsgeheimnis von Beate Uhse? Neben dem Mut, aus Sex ein Geschäft zu machen, ist hier vor allem ihre Persönlichkeit zu nennen. Sie sprach nicht theoretisch über Erotik, sondern gerade heraus, aus ihrer persönlichen Sicht als Frau. Diese Haltung machte sie gekonnt zur eigenen Marke "Beate Uhse", ihr Name steht auf Produkten, Zeitschriften und Geschäften.
Rund um Ehehygiene
Mit einer Mischung aus Erotik-Versand und Sexshops wuchs Beate Uhse schnell zur Marktführerin in Deutschland. Bücher, Zeitschriften, Salben, Potenzmittel, Reizwäsche und Kondome kurbelten den Umsatz an - und brachten Bewegung in die Betten der als prüde geltenden Deutschen. Kirche und Justiz liefen dagegen Sturm: Beate Uhse leiste einer "Enthemmung und Entsittlichung" des Sexuallebens Vorschub.
In der Mitte der Gesellschaft
Ihre gesellschaftliche Stellung musste sich Uhse erarbeiten: Zunächst machten die viele einen Bogen um die Erotik-Pionierin, selbst der lokale Tennisverein wollte sie nicht zum Mitglied. Viele Jahre später würdigte man ihren Beitrag zur sexueller Selbstbestimmung, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande 1989.
Medienliebling
Wortgewandt, frech und bissig - Beate Uhse nahm nie ein Blatt vor den Mund, liebte es zu provozieren. Mit Leichtigkeit sprach sie über Sex, wunderte sich oft, dass sie kontinuierlich Frauen zu selbstbewusster Leidenschaft überzeugen musste. Kein Wunder, dass sie ein gern gesehener TV-Gast war. Und kein Wunder auch, dass laut Umfragen 90 Prozent der Deutschen in den 1990er Jahren sie kannte.
Fette Jahre
Mit Lockerung der Sittengesetze in den 1970er Jahren und der Legalisierung von Pornografie fielen die letzten Tabus im Sexgeschäft. 1999 ging Beate Uhse gemeinsam mit ihrem Sohn an die Börse. Die Aktie startete mit umgerechnet 7,20 Euro und erreichte drei Tage später 28,20 Euro. Beate Uhse hieß zu diesem Zeitpunkt nur die Marke. Sie selbst hieß - nach ihrer zweiten Heirat 1949 - Beate Rotermund.
Im freien Fall
Der Rausch an der Börse war nur von kurzer Dauer. Seither erlebte die Aktie einen ununterbrochenen Kurssturz und zeichnete 2018 gar nur noch 0,0065 Euro - weniger als einen Cent. Das Unternehmen, das einst in sieben Ländern aktiv war, rund 1400 Mitarbeiter beschäftigte und 270 Millionen Euro Umsatz generierte, ging insolvent. Diesen Niedergang erlebte Beate Uhse, die 2001 verstarb, nicht mehr.