Ausstellung: Einwanderungsland Deutschland
Direkt nach den USA ist Deutschland das zweitbeliebteste Einwanderungsland der Welt. Eine Schau im Haus der Geschichte in Bonn gibt einen Überblick über die letzten 60 Jahre Einwanderung in Deutschland.
Nummer zwei in der Welt
Allein im Jahr 2013 sind 1,2 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert. Die Bundesrepublik und die DDR warben schon ab den 1950er Jahren gezielt Arbeiter aus dem Ausland an. Heute sind es hauptsächlich Zuwanderer aus den neuen EU-Ländern, die nicht nur das kulturelle, sondern auch das kulinarische Angebot in Deutschland erweitern.
Die "Gastarbeiter"
In den 1950er Jahren durchlebt die Bundesrepublik das Wirtschaftswunder. Um den Arbeitskräftemangel einzudämmen, bemüht sich die Politik um sogenannte Gastarbeiter aus dem Ausland. Die meisten Menschen, die ab den 1950er Jahren nach Deutschland kommen, lebten in ihren Heimatländern in armen Verhältnissen. Nur mit einem Koffer machten sich viele auf den Weg nach Deutschland.
Verbindungsstellen
Zwischen 1955 und 1968 schließt die Bundesrepublik Deutschland insgesamt neun Anwerbe-Abkommen mit anderen Ländern - mit Italien, Spanien, Griechenland, Türkei, Marokko, Südkorea, Portugal, Tunesien und Jugoslawien. In eigens dafür eingerichteten Verbindungsstellen können sich die Arbeitssuchenden bereits in ihren Heimatländern für die deutschen Jobs bewerben.
Gesundheitskontrolle
Bevor die Arbeiter zum Geldverdienen nach Deutschland durften, wurden sie medizinisch untersucht. Die Behandlungen fanden noch in den Heimatländern statt. Nur wer gesund war und beruflich fit, bekam eine der begehrten Arbeitsstellen in West-Deutschland vermittelt.
1.000.000
1964 wurde der millionste Gastarbeiter in die Bundesrepublik begrüßt. Es war Armando Rodrigues de Sá aus Portugal. Der 38-jährige Zimmermann bekam von den Arbeitgeberverbänden ein Mokick geschenkt. Dabei ahnte er zunächst nichts Gutes, als er am Köln-Deutzer Bahnhof seinen Namen durch die Lautsprecher hörte. Er versteckte sich zunächst, weil er befürchtete, wieder zurückgeschickt zu werden.
Mit der "Türkenkutsche" quer durch Europa
Nicht mit dem Moped, sondern mit diesem Ford Transit ist Sabri Güler quer durch Europa gefahren. Der türkische Lebensmittelhändler kaufte sich den Wagen für seinen Laden und für Reisen in die Türkei. Das Modell war sehr beliebt unter den türkischen Einwanderern, denn kaum ein anderer Wagen bot so viel Stauraum. Im Volksmund wurde der Transit deshalb auch "Türkenkutsche" genannt.
Vertragsarbeiter für den Sozialismus
Auch in der DDR wurden Mitte der 1960er Jahre Arbeiter benötigt. Die sogenannten Vertragsarbeiter wurden vor allem in der Textilindustrie eingesetzt und stammten aus sozialistischen Staaten wie Vietnam, Kuba oder Algerien. In der DDR gab es aber viel weniger Arbeitsmigranten als im Westen: 1989 waren es nur 190.000. In der Bundesrepublik waren es im gleichen Jahr schon fünf Millionen.
Multikulturelle Spezialitäten
Viele Gastarbeiter blieben in der Bundesrepublik und holten ihre Familien nach. Sie wurden zu Einwanderern und brachten viele Bräuche und Traditionen aus ihren Heimatländern mit nach Deutschland. Die kulturelle Vielfalt ist nicht mehr wegzudenken. Am offensichtlichsten wird das bei einem Blick auf die Speisekarten: Döner ist heute eines der beliebtesten Fast-Food Gerichte der Deutschen.
Negative Schlagzeilen
In den 1980er und 1990er Jahren heizte sich die Stimmung in Deutschland auf. Ängste und Sorgen um eine Gettoisierung der Städte und eine Kriminalisierung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund nahmen zu - und wurden von den Medien aufgegriffen. Anfang der 1990er Jahre kam es in Ost- und Westdeutschland zu mehreren ausländerfeindlich und rassistisch motivierten Gewalttaten.
Tradition vs. westliche Kultur
Auch innerhalb vieler Einwanderer-Familien kam es zu kulturellen Konflikten. Der deutsch-türkische Filmemacher Fatih Akin behandelt in seinem Film "Gegen die Wand" die Probleme zwischen traditioneller, türkisch-muslimischer Erziehung und dem westlichen Leben. Bei der Berlinale 2004 wurde der Film als erste deutsche Produktion seit 17 Jahren mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.
Prinz Balam I.
Die Aachener Karnevalsgesellschaft "Koe Jonge" e.V. machte den aus Uganda stammenden Balam Byarubanga 2011 zu ihrem Prinzen. Balam I. ist damit der erste dunkelhäutige Karnevalsprinz Deutschlands. Die Karnevalisten wollten ein Zeichen gegen Rassismus und für Integration setzen. Sein Prinzenkostüm hat er dem Haus der Geschichte in Bonn vermacht. Ab Oktober 2015 ist die Schau in Leipzig zu sehen.