Berlins heikle Mission in Monrovia
3. Februar 2015Sechs Wochen Einsatz gegen die Ebola-Epidemie liegen hinter Oberstarzt Sven Funke, als er in Berlin-Tegel aus dem Flugzeug steigt. Gemeinsam mit sieben Kameraden ist erst vor wenigen Stunden aus der liberianischen Hauptstadt Monrovia nach Deutschland zurückgekehrt - mit einem guten Gefühl im Bauch.
"Das war sogar ein sehr gutes Gefühl", sagt Funke im Gespräch mit der DW. "Die Anzahl der Ebola-Neuerkrankungen ist während des Einsatzes in Liberia signifikant zurückgegangen. Das gibt Gelegenheit, Luft zu holen oder sich eben zurückzuziehen", erklärt er. Und es sei eine Entlastung für alle, die in Liberia gegen die Ebola-Epidemie kämpfen.
Für den Ebola-Einsatz hatte sich Funke freiwillig gemeldet. In einem "Tagesbefehl" hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 22. September 2014 um Freiwillige für eine "außergewöhnliche Aufgabe" geworben. "Die Bekämpfung der Ebola-Seuche betrifft uns alle. Diese Ausnahmesituation erfordert eine globale Antwort, an der sich auch Deutschland beteiligt", hatte die Ministerin argumentiert.
Krankenstation ohne Patienten
Viele zweifelten damals daran, dass sich genug Helfer finden würden, zumal zunächst unklar war, ob die Bundeswehr infizierte Helfer nach Deutschland zurückfliegen könnte. Dennoch gingen bei der "Task Force Ebola" des Kommandos Sanitätsdienst in Koblenz zahlreiche Bewerbungen ein", erinnert sich Funke. "Das war faszinierend, es gab weit mehr als 5000 Anfragen von Leuten, die sich bewerben wollten."
Insgesamt rund 150 Soldaten wurden in den Einsatz geschickt. Gemeinsam mit Helfern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) bauten sie nach den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation eine Ebola-Station in der liberianischen Hauptstadt Monrovia auf. Doch die Eröffnung verschob sich immer weiter nach hinten.
Grund dafür waren Abstimmungsprobleme mit dem liberianischen Gesundheitsministerium. Dann verschimmelten auch noch die Holzböden, auf denen die Krankenbetten stehen sollten. Als der stattdessen gegossene Betonboden schließlich trocken war, hatte Deutschland als letztes Helferland seine Ebola-Behandlungsstation fertiggestellt.
Malaria statt Ebola
"Als wir die Einrichtung am 23. Dezember 2014 eröffnen konnten, war ein Großteil der Erkrankungswelle schon wieder abgeebbt", räumt Oberstarzt Funke ein. Die Folge: Bisher wurde kein einziger Ebola-Patient im deutschen Ebola-Behandlungszentrum behandelt. DRK und Bundeswehr änderten daraufhin ihr Konzept: Sie wandeltem die Ebola-Station in ein spezielles Behandlungszentrum für andere Infektionskrankheiten um.
Denn auch wenn die große Infektionswelle in Liberia, Sierra Leone und Guinea bereits abgeebbt und 95 Prozent aller Ebola-Fälle erkannt und isoliert worden sind - die Krankheit lodert weiter wie ein Schwelbrand. "Die letzten fünf Prozent, um die es dann geht, die verstecken sich häufig in anderen Infektionskrankheiten wie Malaria, Cholera oder Meningitis."
Auf der Station von Bundeswehr und DRK sollen diese Krankheiten erkannt und behandelt werden. Ebola-Fälle werden an spezielle Isolierstationen überwiesen. DRK und Bundeswehr planen, die Krankenstation vermutlich im März an die liberianischen Behörden zu übergeben.
"Hysterisch, unkoordiniert, unvorbereitet"
Der Streit über den Einsatz ist schon jetzt ausgebrochen. Die Mission sei nicht erfolgreich gewesen, meint Kordula Schulz-Asche, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Deutschen Bundestag. Die Bundesregierung habe insgesamt zu zurückhaltend auf den Ebola-Ausbruch in Westafrika reagiert.
"Zu Anfang der Epidemie hat man fast nichts zur Unterstützung der betroffenen Länder unternommen, obwohl viele Hilfsorganisationen Alarm schlugen", kritsiert die Abgeordnete. Dann jedoch sei man aufgrund der steigenden Ebola-Zahlen hysterisch geworden und habe unkoordiniert gehandelt. "Der Aufruf von Frau von der Leyen ist ein Beispiel dafür, wie unvorbereitet plötzlich Vorschläge in den Raum geworfen wurden", meint Kordula Schulz-Asche. Positiv sei jedoch, dass die Bundeswehr wegen des Einsatzes ein spezielles Flugzeug zum Transport von schwer ansteckenden Patienten in Betrieb genommen habe, das nun auch für zukünftige Katastrophen zur Verfügung stehe. Zudem habe die Luftwaffe zahlreiche Hilfsgüter in die betroffenen Länder geflogen. "Von daher hat es am Ende doch ein einigermaßen positives Ergebnis gehabt."
Manöverkritik auf der Insel
Gemeinsam mit ihren Fraktionskollegen hat Schulz-Asche am 3. Februar eine sogenannte "kleine Anfrage" zum Ebola-Einsatz an die Bundesregierung verfasst. Darin wird die "wochenlange Handlungsunfähigkeit der Bundesregierung" kritisiert. Die Grünen fragen, welche Lehren die Bundesregierung aus dem Einsatz zieht.
Aus möglichen Fehlern zu lernen, das sei auch Ziel der Bundeswehr, sagt Liberia-Rückkehrer Funke. Der Oberstarzt wird die nächsten sieben Tage gemeinsam mit anderen Ebola-Helfern auf der Ostseeinsel Usedom verbringen. Nicht zur Erholung, sondern zur Nachbesprechung des gemeinsamen Einsatzes in Monrovia.