Biennale in Venedig: Mekka zeitgenössischer Kunst
163 Künstler, 89 nationale Länderpavillons und zahlreiche Ausstellungsorte in der ganzen Stadt: Die 56. Biennale hat den Kunstfreunden wieder Einiges zu bieten. Der Goldene Löwe erfreut in diesem Jahr Armenien.
Armenien: Platz 1 unter den Länderpavillons
Der armenische Pavillon steht auf auf der Insel San Lazzaro Degli Armeni in der Lagune von Venedig; hier befindet sich ein großes Zentrum armenischer Kultur. Dieser Ort der Diaspora soll an die Vernichtung der Armenier in der Türkei vor 100 Jahren erinnern. Unter den 15 ausstellenden Künstlern hat sich Melik Ohanian einen Platz vor der Tür gesucht. Für den Pavillon gab es den Goldenen Löwen.
Ein Spiegel der Geschichte
2013 erhielt Irina Nakhova den höchstdotierten russischen Kunstpreis, den Kandinsky-Preis für Gegenwartskunst. Jetzt durfte sie als erste Frau den russischen Pavillon in Venedig gestalten. Der überdimensionale Kopf eines Jetfliegers ist Teil einer politischen Präsentation, die auch einen roten Raum als Symbol der Revolution und einen grünen für die Perestroika präsentiert.
Stillleben mit Bananen
Im italienischen Pavillon hat Marzia Migliora eine Installation mit Bananen geschaffen. Die Allround-Künstlerin ist in den verschiedensten künstlerischen Bereichen zuhause und nutzt Fotografie, Video, Klang, Performance, Installation und Zeichnungen für ihre Arbeit. Dieses Werk hat fast surrealistische Züge und greift die Vorliebe der Künstlerin für nostalgische Elemente auf.
Die Spinnennetze der Chiharu Shiota
Die Japanerin Chiharu Shiota arbeitet in einer kleinen Hinterhauswohnung in Berlin - und auf der ganzen Welt. Wollfäden sind das Markenzeichen der Künstlerin; sie spinnt Kleider ein, Betten, Schuhe, Scheren - und manchmal auch sich selbst. Erinnerung, Heimat, Angst, Geburt und Tod: Es sind die großen Menschheitsthemen, die sie in ihren Installationen im Japan-Pavillon anspricht.
Argentinische Erinnerungen
Der argentinische Pavillon trägt die Handschrift des 81-jährigen Bildhauers Juan Carlos Distéfano, der in Lateinamerika zu den bekanntesten Künstlern seines Fachs zählt. Fast alle seine Skulpturen zeigen geknechtete und misshandelte Körper, physischen Schmerz und Gewalt. Eine klare Anspielung auf die Ära der Diktatur in seinem Heimatland, aber auch biblische Elemente fließen in seine Arbeit ein.
Türkische Kristallwelt
Es ist nicht die erste venezianische Biennale des türkischen Filmemachers und Künstlers Kutlug Ataman; schon 1999 stellte er hier aus. Ataman entführt den Betrachter in seinen Filmen in eine andere Welt, die mit üppigen Farben das Publikum packen. Ähnliches gelingt ihm auch mit seiner Installationen glitzernder Glaskristalle, die zum Träumen einladen.
Konsumkritik aus der Schweiz
Nachdem der Besucher einen Hof mit herumliegenden Ästen und Schmutz überquert hat, trifft er auf eine Art See in künstlicher Folie, gefüllt mit hautfarbener Flüssigkeit. Ein computergenerierter Soundtrack sorgt für das Rauschen. Pamela Rosenkranz beschäftigt sich in ihrer Installation mit der Wechselwirkung zwischen dem Menschen und synthetischen Stoffen - jenseits schweizerischer Alm-Idylle.
Ode an die Natur
Im niederländischen Pavillon herrscht Heuschnupfengefahr: Herman de Vries feiert die Schönheit der Schöpfung mit einem kreisrunden Rosenbett, Bildern aus Getreidehalmen, einer Steinsammlung, Erdproben aus Italien und einem Selbstporträt, das den Künstler im Adamskostüm zeigt. An der Wand verkündet ein Schriftzug aus Kohle: "All ways to be to be ways to be to be ".
Australische Wunderkammer
Die Australierin Fiona Hall präsentiert mit schwarz gestrichenen Wänden, Vitrinen, Masken und zahlreichen Fundsachen eine Mischung aus Wunderkammer und Naturkundemuseum. "Wrong Way Time" nennt sie das Ganze und baute gemeinsam mit Aborigine-Frauen gleich noch ein paar Fantasietiere aus Pflanzenfasern, die ebenfalls zu sehen sind.
Zeitkritisches Statement
Deutschland gibt sich in seinem Pavillon in den Giardini bewusst zeitkritisch. Die fünf geladenen Künstler setzen sich in ihren Arbeiten mit Flüchtlingsproblemen, Arbeitslosigkeit und der Allmacht der digitalen Medien auseinander. Die Kunstwerke feiern in Venedig Premiere, sie wurden alle eigens für den deutschen Pavillon geschaffen.
Kunst aus der Spraydose
Die deutsche Malerin Katharina Grosse beschränkt sich nicht auf eine Leinwand, sie mag es im großen Stil. Mit ihren Sprayarbeiten verwandelt sie ganze Räume, Fassaden oder gar Straßenzüge in komplexe Farbwelten. Bei der Biennale hat sie im Arsenal, einem Schauort der Hauptausstellung, einen ganzen Backsteinsaal mit Trümmern gefüllt und knallbunt angesprüht.
Ein unbewohntes Haus
Vertreibung und Umsiedlung nach dem 2. Weltkrieg ist das Thema der ukrainischen Künstlerin Oksana Zabuzhko im Rahmen des Kunstprojekts "Dispossession". Dieses gemütliche Haus hat keine Seele mehr, seine Bewohner wurden aus ihrer Heimat vertrieben. "Dispossession" bedeutet nicht nur den Verlust von Eigentum, das Wort spielt auch auf die Befreiung von bösen Geistern an, erfährt der Besucher.