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Charles Taylor nach Liberia ausgeflogen

29. März 2006

Nigeria hat den bei einem Fluchtversuch gefassten früheren liberianischen Staatschef Charles Taylor in seine Heimat ausgeflogen. Der nigerianische Präsident reagierte damit auf einen Appell von UN-Generalsekretär Annan.

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Gefasst: Liberias Ex-Präsident TaylorBild: AP

Eine nigerianische Präsidentenmaschine flog Taylor am Mittwochnachmittag (29.3.) nach Liberia. Kurz nach der Landung in der Hauptstadt Monrovia wurden Vorbereitungen getroffen, um Taylor dem von den UN unterstützten Sondergericht für Sierra Leone zu überstellen: Die Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Liberia (UNMIL) hielt sich bereit, um Taylor nach seiner Ankunft festzunehmen.

Die Mission habe das Mandat des UN-Sicherheitsrates, den 58-Jährigen "festzunehmen, einzusperren und vor das Sondergericht für Sierra Leone zu bringen", sagte ein UNMIL-Sprecher in Monrovia.

Charles Taylor war einen Tag nach seiner Flucht aus der ihm überlassenen Villa im nigerianischen Exil wieder gefasst worden. Der wegen Kriegsverbrechen angeklagte frühere Staatschef sei im Nordosten des Landes bei dem Versuch festgenommen geworden, die Grenze nach Kamerun zu überqueren, sagte ein Polizeisprecher.

Kurze Flucht

Die nigerianische Regierung hatte am Dienstag (28.3.) mitgeteilt, dass Taylor am Montagabend aus seiner Villa in Calabar im Süden des Landes verschwunden sei. Er sollte in Kürze dem UN-Sondergericht für Sierra Leone überstellt werden, das ihn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit anklagt.

Oluseguni Obasanjo, President von Nigeria
Olusegun Obasanjo, Präsident von NigeriaBild: dpa

Der nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo befindet sich derzeit auf Staatsbesuch in den USA, die sich vehement für ein Gerichtsverfahren gegen Taylor eingesetzt haben. Obasanjo ging offenbar auch deswegen auf die Forderungen ein, um die Beziehungen zum Westen nicht zu gefährden.

Nigeria und sein Nachbar Liberia waren im Fall des früheren Machthabers Taylor aneinander geraten, nachdem die neue liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf auf massiven Druck der USA hin die Überstellung Taylors in sein Heimatland gefordert hatte. Vorige Woche änderte sie jedoch überraschend ihre Haltung und forderte eine direkte Überstellung Taylors an das Sondergericht in Sierra Leone. In Liberia war zuletzt die Sorge gewachsen, Taylors Rückkehr könnte den brüchigen Frieden bedrohen und alte Wunden neu aufreißen.

Alte Wunden

Der 1948 geborene Taylor wird für Folter, Mord und Plünderungen in ganz Westafrika verantwortlich gemacht. Vor dem Gericht in Sierra Leone soll er sich wegen der Unterstützung der RUF-Rebellen in dem westafrikanischen Land verantworten, denen schwerste Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.

Ein zwölfjähriger Kindersoldat in der Stadt Bo in Sierra Leone präsentiert seine Kalaschnikow
Ein zwöfjähriger Kindersoldat in der Stadt Bo in Sierra LeoneBild: DPA

1989 war Taylor mit einer Truppe aus Kindersoldaten in Liberia einmarschiert. Seine Truppen ermordeten 1990 den Diktator Samuel Doe vor laufender Kamera. Allein von 1989 bis 1996 kamen in Liberia rund 200.000 Menschen - das sind rund zehn Prozent der Bevölkerung - ums Leben.

Von 1991 bis 2001 spielte Taylor eine maßgebliche Rolle im Bürgerkrieg von Sierra Leone. Dabei soll er auch den Einsatz von Kindersoldaten vorangetrieben haben. Danach nahm er wiederum am Bürgerkrieg in Liberia teil und übernahm zeitweise die Präsidentschaft dieses Staates.

2003 trat Taylor als Präsident Liberias zurück, als er von bewaffneten Rebellen bedrängt wurde, um nach 14 Jahren Bürgerkrieg einen Friedensprozess in Liberia zu ermöglichen. Nigeria hatte ihm Asyl angeboten und eine Villa in der Stadt Calabar zur Verfügung gestellt. (je)