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Charlie Hebdo weltweit

Peter Hille14. Januar 2015

Die Karikaturen aus der neuesten Charlie-Hebdo-Ausgabe gehen um die Welt. Wer druckt die umstrittenen Zeichnungen - und wer nicht?

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Charlie Hebdo Verkauf in Paris 14.01.2015
Bild: picture-alliance/epa/Y. Valat

Frankreich: Zielscheibe Demokratie

"Plus de Charlie Hebdo" - "Charlie Hebdo ist ausverkauft". Diesen Hinweis mussten viele Zeitschriftenhändler in Frankreich am Mittwoch aushängen. Die neueste Ausgabe des Satiremagazins war in Paris schon im Morgengrauen ausverkauft. Und das, obwohl mit drei Millionen Exemplaren 50-mal mehr gedruckt wurden als vor dem Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo.

Das Magazin werde in 26 Länder ausgeliefert, sagte Messageries lyonnaise de presse (MLP), die zuständige Vertriebsfirma, der DW. Das seien sechs Länder mehr als vor dem Angriff - darunter die USA, Großbritannien und Norwegen. Weitere Länder kämen hinzu, da entsprechende Anfragen aus dem Libanon, Kamerun, Singapur, Chile, der Dominikanischen Republik und fünf anderen Ländern vorlägen.

Doch auch, wer nicht Charlie Hebdo kaufte, bekam die Karikaturen des Satiremagazins zu Gesicht. Die Titelseite, gestaltet von Luz, einem der überlebenden Redaktionsmitglieder, wurde in zahlreichen Publikationen weltweit veröffentlicht. Sie zeigt einen weinenden Propheten Mohammed unter der Überschrift "Alles ist vergeben". Viele Muslime weltweit kritisierten die Zeichnung als blasphemisch.

Europa

In Frankreich zeigten fast alle größeren Medienhäuser die Karikatur, darunter auch die Tageszeitungen Le Monde, Le Figaro und Libération. Zahlreiche europäische Zeitungen folgten diesem Vorbild. Der Spiegel und die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus Deutschland veröffentlichten die Titelseite auf ihren Webseiten. Die Süddeutsche Zeitung machte zwei Seiten ihres Feuilletons für Charlie Hebdo frei. Die Frankfurter Rundschau gehörte zu den Tageszeitungen, die die Zeichnung auf ihrer Titelseite brachten. Die links-alternative Tageszeitung widmete ihre Titelseite komplett dem Charlie-Hebdo-Cover. Auch die DW zeigte Bilder des Magazins.

In Großbritannien war die Titelseite von Charlie Hebdo unter anderem bei der Times of London und beim Guardian zu finden. Auf dessen Webseite war ihr die Warnung vorangestellt: "Dieser Artikel zeigt das Titelblatt des Magazins, das einige als beleidigend empfinden". Der Independent druckte die Karikatur in seiner Print-Ausgabe, während der Daily Telegraph sie überhaupt nicht zeigte. Bei der BBC war Charlie Hebdo im Nachrichtenprogramm zu sehen, genauso wie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Spanien. Dort druckten die wichtigsten Tageszeitungen die Karikatur. In Dänemark verzichtete Jyllands-Posten - die Zeitung, die mit dem Abdruck von Mohammed-Karikaturen 2005 eine Welle gewaltsamer Proteste ausgelöst hatte - auf die Zeichnung.

Charlie Hebdo Pressekonferenz 13.01.2015 (Photo: Aurelien Meunier/Getty Images)
Nur wenige Redaktionsmitglieder haben das Attentat überlebt. Sie stellen die neue Ausgabe vor.Bild: Aurelien Meunier/Getty Images

Islamische Welt

In der Türkei lagen der linksliberalen Tageszeitung Cumhuriyet am Mittwoch vier Seiten mit Inhalten aus Charlie Hebdo in türkischer Sprache bei. Darunter war jedoch keine Abbildung des Propheten Mohammed. Die Redaktion gab bekannt, dass die Polizei dies zunächst überprüft und erst dann die Zeitung zur Zustellung freigegeben habe. Cumhuriyet ist damit das einzige größere Presseorgan in einem vorwiegend moslemischen Land, das Inhalte aus Charlie Hebdo abgedruckt hat. Ein türkisches Gericht in der Stadt Diyarbakir hat unterdessen auf Antrag eines Anwalts die Sperrung von Webseiten veranlasst, die das Titelblatt von Charlie Hebdo verbreiten.

Das Zentrum für religiöse Rechtsfragen Dar al-Ifta in Kairo nannte das Titelblatt von Charlie Hebdo eine "ungerechtfertigte Provokation" für Millionen Moslems. Dadurch könne eine neue Welle des Hasses ausgelöst werden. Der Iran, der den Anschlag auf Charlie Hebdo vergangene Woche scharf verurteilt hatte, nannte die Karikatur eine Beleidigung des Islam. Marzieh Afkham, Sprecherin des Außenministeriums, sagte, dass die Veröffentlichung die Gefühle von Moslems in aller Welt verletze. Auch bei den großen internationalen arabischen Sender Al-Arabiya und Al-Jazeera war das Titelblatt nicht im Programm zu sehen.

Türkische Zeitung Cumhuriyet mit Charlie Hebdo Beilage 14.01.2015 (Photo: Mirjam Schmitt/dpa)
Beilage der türkischen Zeitung CumhuriyetBild: picture-alliance/dpa/M. Schmitt

Afrika

Für viele Zeitungen in Afrika war die erste Ausgabe von Charlie Hebdo nach dem Attentat nur ein Thema unter vielen. Viele Medienanbieter auf dem Kontinent veröffentlichten auf ihren Webseiten die entsprechenden Berichte der Nachrichtenagenturen, verzichteten jedoch zum Großteil auf Bilder der Titelseite des Satiremagazins. Die Daily Nation aus Kenia entschied sich stattdessen für ein Bild, das Menschen zeigte, die in Paris am Kiosk anstanden, um das Magazin zu kaufen. Der Rat der Imame und Prediger Kenias hatte die Karikaturen Charlie Hebdos zuvor als blasphemisch bezeichnet.

Asien

In Indien war die Titelseite von Charlie Hebdo unter anderem auf der Webseite des Fernsehkanals Aaj Tak zu finden. Auch das staatliche chinesische Parteiorgan Renmin Ribao publizierte die Karikatur auf seiner Webseite. Yomiuri aus Tokio, eine der meist verkauften Tageszeitungen der Welt, druckte nur die Überschrift "Alles ist vergeben" ab ohne die Karikatur des Propheten zu zeigen.

Zeitungskiosk in Kamerun (Photo: DW/M. Kindzeka)
Zeitungsleser in Kamerun auf der Suche nach Charlie HebdoBild: DW/M. Kindzeka

Australien

Der Australian, die größte Zeitung des Landes, druckte auf seiner ersten Seite ein Bild von Keysar Trad ab, dem Sprecher einer islamischen Gemeinschaft. In seiner Hand: die neueste Ausgabe von Charlie Hebdo. "Die Karikaturen verletzen vielleicht manche Moslems", so Trad laut dem Australian. "Aber Charlie Hebdo macht das mit allen Religionsführern und zwar seit Jahren." Der konservative australische Premierminister Tony Abbot begrüßte den Abdruck der Karikatur und deutete an, dass er die Gesetze zum Schutz vor rassischer Diskriminierung im Land für zu strikt hält.

Amerika

In den Vereinigten Staaten übten viele Medienhäuser Zurückhaltung, was einen Abdruck der umstrittenen Karikaturen angeht. Die New York Times veröffentlichte einen Online-Artikel unter der Überschrift "Charlie Hebdos trotziges Titelbild löst Debatte über die Meinungsfreiheit aus". Die Zeitung setzte darin einen Link zur französischen Libération, auf deren Seite man das entsprechende Bild finden konnte. Weder ABC noch CNN zeigten die Karikatur im TV-Programm oder auf ihren Webseiten.

Im Program des CBS waren die Bilder dagegen zu sehen, genauso wie in den Onlineausgaben des The Wall Street Journal und der USA Today – Nummer eins und zwei bei den Auflagenzahlen. Auch die Washington Post und die Boulevardblätter New York Daily News und New York Post zeigten die Karikatur des Propheten.

In Lateinamerika war die Titelseite von Charlie Hebdo in zahlreichen Zeitungen zu sehen. Das Nachrichtenmuseum Newseum aus Washington führte allein aus Brasilien zwölf Zeitungen auf, die die Zeichnung weiter verbreiteten. Auch in Argentiniens größter Zeitung Clarin, beim peruanischen Peru 21, La Nacion in Costa Rica oder El Universal in Mexiko war das Titelbild von Charlie Hebdo zu finden.