Christliche Syrien-Hilfe
25. September 2013Die Zahlen der Bürgerkriegsflüchtlinge haben längst jede Vorstellungskraft überschritten: Schätzungen zufolge sind fast sieben Millionen Syrer im Land selbst auf Hilfe angewiesen. Rund 720.000 sitzen nach UN-Angaben allein im Libanon fest, mehr als 530.000 in Jordanien - tatsächlich dürften es weit mehr sein.
Die Spendenbereitschaft über Monate und Jahre hinweg aufrecht zu erhalten, ist nicht einfach, das wissen Hilfsorganisationen wie die katholische Caritas international nur zu gut. Ihr Leiter Oliver Müller nutzt deshalb Anlässe wie die derzeitige Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda, um auf das Flüchtlingselend aufmerksam zu machen.
Aufnahme syrischer Flüchtlinge
Im Libanon und Jordanien, wo die meisten Bürgerkriegsopfer Zuflucht suchen, sei die Lage katastrophal, sagt er: "Wenn wir die Situation in den Nachbarländern Syriens auf Deutschland übertragen, dann wäre das so, als ob rund 18 Millionen Flüchtlinge zu uns kämen." Dagegen nimmt sich die Zahl von 5000 Syrien-Flüchtlinge, die Deutschland aufnehmen will, eher bescheiden aus. Das hält Müller zwar für "einen guten Anfang", aber es sei "der Größe und Stärke Deutschlands sicher angemessen, die Aufnahmezahlen zu erhöhen". Auch die deutschen Bischöfe riefen die Bundesregierung am Mittwoch (25.09.2013) dazu auf, mehr Flüchtlinge aufzunehmen als bisher geplant.
An Flüchtlingszentren in Syrien und den Nachbarländern liefert Caritas international liefert Hilfsgüter wie zum Beispiel Nahrungsmittel, Gaskocher und Hygieneartikel. "Mit unserer Hilfe erreichen wir 200.000 Menschen", sagt Müller, das sei "kein Tropfen auf den heißen Stein".
Zumal die Caritas bei weitem nicht die einzige deutsche Hilfsorganisation ist, die die Not der syrischen Bürgerkriegsopfer zu lindern sucht. So haben sich alleine im Bündnis "Deutschland Hilft" 22 Organisationen zusammengeschlossen, die in Syrien und den Anrainerstaaten aktiv sind.
Keine Sicherheit für Helfer
Nicht nur die nachlassende Spendenbereitschaft erschwert ihnen die Arbeit, sondern auch die andauernde Gewalt. "Die zentrale Frage ist weiterhin, wie die Hilfe zu den Menschen in Syrien gelangt", betont Müller. "Wir brauchen dringend humanitäre Korridore und mehr Sicherheit für die Helfer." Denn die gerieten immer wieder zwischen die Fronten.
Zwischen den Fronten sind auch die Christen in Syrien, die vor dem Krieg rund zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten. Der Bundesverband der Aramäer in Deutschland hilft christlichen Bürgerkriegsflüchtlingen in Syrien und im Ausland – nicht nur finanziell sondern auch logistisch bei der Suche nach verstreuten Familienangehörigen.
Christen zwischen den Fronten
Erpresserischer Menschenraub und brutale Hinrichtungen christlicher Geistlicher seien in Syrien "an der Tagesordnung", berichtet der Verbandsvorsitzende Daniyel Demir. So wurden Ende April zwei hochrangige Bischöfe entführt - ihr Schicksal ist bis zum heutigen Tag ungewiss. Man wisse nur, dass die Entführer einer radikal-islamischen Gruppierung angehörten.
Diese Gruppen riefen öffentlich zum Mord an religiösen Minderheiten auf, so Demir. "Man kann hier wirklich von einer ethnischen Säuberung sprechen. Das hat mit der demokratischen Oppositionsbewegung nichts mehr zu tun, denn den Christen und den übrigen Minderheiten wird hier schlicht das Existenzrecht abgesprochen."
Wenn radikal-islamische Kämpfer christliche Gemeinschaften bedrohten, sagt er, bliebe den Gläubigen nur die Entscheidung: "Entweder zum Islam konvertieren - oder man unterschreibt sein Todesurteil." So ist das beispielsweise vor wenigen Wochen in Maalula, einer aramäischen Kleinstadt südlich von Damaskus, geschehen. Maalula wurde, wie Demir sagt, "christenfrei" gemacht, die Bevölkerung wurde ermordet oder vertrieben.
Strikt gegen Militärschläge
So schwierig die Lage der Aramäer in Syrien auch ist - eine militärische Intervention, wie von den USA angedroht, lehnt Demir strikt ab. "Den Menschen in Syrien hilft kein Aufrüstungswettbewerb und kein Militärschlag, sondern nur eine entschlossenere Politik der humanitären Hilfe", sagt er. Außerdem müsse dringend ein Waffenstillstand erreicht werden, um der notleidenden Zivilbevölkerung zu helfen - auch angesichts des nahenden Winters.
Ähnlich sieht es Oliver Müller von Caritas international. Der angedrohte Militärschlag habe sogar in den vergangenen Wochen die Flüchtlingsströme in die Nachbarländer noch verstärkt. Das einzig Positive, was er der Drohung abgewinnen mag, ist, dass sich die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wieder mehr auf Syrien gerichtet habe. Und er hegt die leise Hoffnung, dass damit auch die Spendenbereitschaft steigt.