Computer bremst Flugsicherung
25. März 2019Fast fünf Tage sind vergangen, ohne dass ein Computerproblem behoben werden konnte. So ist die Lage zum Wochenbeginn beim deutschen Flug-Kontrollzentrum im hessischen Langen. Dort wird der Verkehr über Deutschlands größtem Airport überwacht, dem Flughafen in Frankfurt am Main. Wegen Software-Problemen bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) muss die Lufthansa allein am Montag an diesem Flughafen 46 Flüge streichen.
Allein bei der Lufthansa dürften insgesamt 4500 Passagiere betroffen seien. Insgesamt sind in Frankfurt nach Angaben des Flughafenbetreibers Fraport am Montag bis Mittag 68 Flüge ausgefallen. Bei insgesamt knapp 1400 geplanten Flugbewegungen scheint das wenig. Allerdings schränkt das Software-Problem bei den Fluglotsen den Luftverkehr schon seit Tagen über weiten Teilen Deutschlands ein. Seit dem vergangenen Mittwochabend hat das bundeseigene Unternehmen die Verkehrsmenge für den Luftraum, der von Langen bei Frankfurt aus kontrolliert wird, um ein Viertel reduziert. Es gab dadurch schon in der vergangenen Woche Flugausfälle.
"Sicherheit nicht beeinflusst "
Die Sicherheit des Luftverkehrs sei aber nicht gefährdet, hatte die DFS gleich betont. Die betroffene Software stellt nach DFS-Angaben den Lotsen alle für den Flugverlauf wichtigen Daten jedes Fluges zur Verfügung. Das sind beispielsweise Flugzeugtyp, Flugstrecke und die erwartete Überflugzeit. Die übrigen Sicherungssystems stünden uneingeschränkt zur Verfügung. Durch die Panne in Langen seien außer Frankfurt auch die Flughäfen Köln/Bonn, Stuttgart und Düsseldorf betroffen, teilte die DFS mit.
Die Kapazitäten der Flugsicherung dort sind laut DFS "aus Sicherheitsgründen" reduziert worden. Erst in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag soll nun eine alternative Software in Betrieb genommen werden. Als Ursache wird ein Software-Update aus dem Februar vermutet. Allerdings läuft das Programm in den anderen DFS-Kontrollzentralen in München, Bremen und Karlsruhe offenbar fehlerfrei. Nun soll die alte Software wieder genutzt werden. Da "alle Syteme der DFS aber einer strengen Qualitätskontrolle unterworfen sind", so eine Sprecherin gegenüber der DW, brauche das Einspielen eine gewisse Zeit. Schließlich gehe es um die Sicherheit der Passagiere.
So ist es nicht der bekannte Personalmangel bei den Fluglotsen, der nun zum Problem wird, und auch nicht der Ablauf bei den Sicherheitskontrollen der Passagiere oder fehlendes Gepäck, sondern die Software von Computern - obwohl die Hauptreisezeit noch gar nicht begonnen hat. Viele dieser Schwachstellen hatte die Flugbranche schon vor Monaten benannt, um ein Flugchaos wie im vergangenen Sommer in diesem Jahr zu vermeiden.
Gipfeltreffen gegen Flugchaos
Diesem Ziel diente auch ein Gipfeltreffen von Politik und Wirtschaft vor einem knappen halben Jahr in Hamburg, bei dem 25 Einzelmaßnahmen verabredet wurden. An diesem Donnerstag soll nun eine erste Bilanz gezogen werden. Allzu viel aber scheint noch nicht erreicht. Und das obwohl nach dem Rekordwert von 3,4 Millionen Flugbewegungen im Vorjahr die Deutsche Flugsicherung für 2019 eine weitere Steigerung um bis zu vier Prozent im deutschen Luftraum erwartet.
Auf dem Maßnahmenzettel der Flugbranche stehen etwa in München neue und schnellere Gepäckscanner, bei denen die Passagiere ihre Laptops nicht mehr aus der Tasche holen müssen. Oder in Hamburg und Frankfurt neue Abläufe bei der Passagierkontrolle dank verbesserter technischer Abläufe. Auch will etwa die Lufthansa mehr Flugzeuge als Ersatzflieger bereithalten. Und Lufthansa wie Flughafen Frankfurt wollen mit mehr Personal dem befürchteten neuen Chaos entgegen wirken.
Nun aber erweist sich zusätzlich die Flugsicherung wegen der Softwareprobleme als Nadelöhr. Ohnehin sieht es nicht gut aus für einen Sommer ohne größere Verspätungen: "Es bestehen inzwischen in ganz erheblichem Maße strukturelle Probleme", warnte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) jüngst in einem unveröffentlichten Positionspapier, aus dem die FAZ zitierte.
"Volumen zu groß "
Und der Chef der Flugsicherung Klaus-Dieter Scheurle ist im Blick auf mehr Pünktlichkeit nicht weniger pessimistisch: Man werde da kaum zu großen Fortschritten kommen, "weil das Volumen an abzuwickelnden Flügen zu groß ist", so Scheurle in diesem Monat im Interview mit der DW.
Dreh- und Angelpunkt neben der Technik immer wieder: das Personal. Allein in diesem Jahr fehlen in Deutschland 90 Lotsen. Die einzustellen ist allerdings nicht einfach. Die Ausbildung dauert recht lang. Und der europäische Rechtsrahmen macht es schwierig, Lotsen europaweit flexibel einzusetzen. Ihre Lizenz ist immer nur für einen Flughafen gültig; für einen anderen Einsatzort müssen sie erst in einem einjährigen Training eine neue erwerben, womit gleichzeitig die alte Lizenz verloren geht.
Die Probleme dürften Reisende auf Dauer begleiten: Schon 2018 kam beinahe jeder zwölfte Flug mehr als eine Stunde zu spät an. Und die europäische Flugaufsicht Eurocontrol rechnet bis 2040 mit gut 50 Prozent mehr Verkehr als heute.
ar/hb (dpa, rtr, afp - DFS, Archiv)