Copa America in den USA: Die Migranten füllen die Kassen
19. Juni 2024Die EM in Deutschland macht Europa in diesem Sommer zum Nabel der Fußballwelt - so hätte es der europäische Dachverband UEFA gerne. Doch mit der parallel ausgetragenen Copa America, nach dem olympischen Turnier der zweitälteste Nationen-Wettbewerb der Welt, ist Lateinamerika ein starker Konkurrent. Das liegt auch an einer klugen strategischen Entscheidung des südamerikanischen Fußballverbandes CONMEBOL. Mit der CONCACAF, dem Verband Nord- und Mittelamerikas sowie der Karibik, sind die Südamerikaner eine strategische Partnerschaft eingegangen. Das erklärte Ziel ist es, den Fußball in beiden Regionen zu stärken und weiterzuentwickeln.
Die 48. Auflage der Copa wird seit dem 20. Juni bis zum 14. Juli in den USA ausgespielt. Der Chef der US-Fußball-Profiliga MLS, Don Garber, hat es jüngst in einem Interview mit dem Sportportal "The Athletic" so ausgedrückt: Der US-Markt sei ein "Geldautomat für die Fußballwelt". Das Portal "SoccerAmerica" zählte allein in dieser Woche bei fünf Copa-Vorbereitungsspielen in den USA zusammen 300.000 Zuschauer.
Latino-Fans spülen Geld in die Kassen
"Es ist definitiv eine großartige Gelegenheit für alle in den USA lebenden Latinos, ihre Nationalmannschaften und Spieler zu sehen", sagt CONMEBOL-Direktor Juan Emilio Roa der DW. "Die Einnahmen aus den an diese große Gemeinschaft verkauften Eintrittskarten werden zweifellos einen spürbaren Einfluss auf die Copa America haben. Wir haben aber auch Zuschauer aus den USA, Kanada und dem Rest der Welt." Nach eigenen Angaben hat der Kontinentalverband bereits jetzt über eine Millionen Tickets für das Turnier verkauft. Der bisherige Copa-Rekord von 1,4 Millionen verkauften Eintrittskarten aus dem Jahr 2016 dürfte übertroffen werden.
Es sind vor allem die Fußballfans mit lateinamerikanischen Wurzeln, die die riesigen, hochmodernen US-Arenen füllen, in denen sonst die NFL ihre Footballspiele austrägt. Der vielleicht größte Unterschied zwischen der derzeit in Deutschland laufenden Europameisterschaft und der Copa America in den USA: Während Fans aus ganz Europa nach Deutschland strömen, um die EM-Spiele zu sehen, leben viele Fans der Gastmannschaften bei der Copa ohnehin schon in den Vereinigten Staaten. Waren es im Jahr 1980 noch 14,8 Millionen "Hispanics", stieg ihre Zahl im Jahr 2021 auf 62,5 Millionen. Das entspricht knapp einem Fünftel der US-Bevölkerung.
Gastgeberstädte erkennen Strahlkraft der Copa
Inzwischen ist auch den USA als Gastgeber klar geworden, dass die Copa America ein Ereignis mit globaler Strahlkraft ist, das sich hinter der Europameisterschaft nicht verstecken muss. "Die Ausrichtung von zwei Spielen der prestigeträchtigen Copa America, darunter das Eröffnungsspiel zwischen Argentinien und Kanada, ist eine große Ehre für unsere Region", sagte Dan Corso, Präsident des Atlanta Sports Council, der DW. Im Stadion Atlantas begann an diesem Donnerstag das Turnier. Titelverteidiger und Weltmeister Argentinien mit Superstar Lionel Messi sorgten bei ihrem 2:0-Auftaktsieg gegen Kanada für den nötigen Glanz. Auch Karten für eher durchschnittliche Plätze kosteten umgerechnet bis zu 250 Euro. Preise, die in einem südamerikanischen Land kaum zu realisieren wären - es sei denn, das Team des Turnier-Ausrichters wäre an dem Spiel beteiligt.
In Atlanta, der Olympia-Stadt von 1996, haben die Verantwortlichen den Werbewert der Copa erkannt. Lateinamerika mit seinen 600 Millionen Einwohnern wird angesichts der geopolitischen Veränderungen als Markt zunehmend interessant. "Die internationale Aufmerksamkeit, die mit der Ausrichtung dieser Veranstaltung und Teams dieses Kalibers einhergeht, ist von unschätzbarem Wert", sagt Dan Corso und verweist auf die jüngere Sportgeschichte der Stadt: "Wir sind eine erfahrene Gastgeberstadt und darauf ausgelegt, große, globale Sportereignisse zu beherbergen. Wir freuen uns darauf, in zwei Jahren internationale Fußballfans aus aller Welt in unserer Region zur Copa America und zur Fußball-Weltmeisterschaft 2026 begrüßen zu dürfen."
Weltstars versprechen Spektakel
Zum zweiten Mal nach 2016, damals anlässlich des 100. Geburtstags der Copa, wird das Turnier in den USA ausgespielt und ist auch für Teams aus dem nord- und mittelamerikanischen Raum sowie der Karibik offen. Sportlich muss sich Südamerika nicht verstecken. Zehnmal stellte der Kontinent bislang den Weltmeister: fünfmal Brasilien, dreimal Argentinien und zweimal Uruguay.
Die Augen richten sich bei dieser Copa vor allem auf das neue "magische Dreieck" aus Brasilien mit dem erst 17 Jahre alten Supertalent Endrick sowie den bereits zu Weltstars gereiften Vinicius Jr. und Rodrygo, die in Kürze allesamt das Trikot von Champions-League-Sieger Real Madrid tragen werden. Sie werden versuchen, die argentinischen Platzhirsche um Lionel Messi vom Thron zu stoßen. Brasilien gegen Argentinien - das wäre aus lateinamerikanischer Sicht das Traumfinale am 14. Juli in Miami. In kaum einer anderen Stadt weltweit ließe sich ein solches Endspiel besser vermarkten als in Floridas Metropole.
Der Artikel wurde nach dem Eröffnungsspiel am 21. Juni aktualisiert.