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Messer dürfen mitfliegen

Christina Bergmann, Washington21. März 2013

Die Aufregung ist groß in den USA, seit die zuständige Sicherheitsbehörde ankündigte, die Regeln für verbotene Gegenstände in Flugzeugen zu lockern. Nicht nur die Flugbegleiter protestieren.

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Sicherheitscheck am JFK-Flughafen in New York (Foto. Reuters)
Bild: Reuters

Mit dem Taschenmesser ins Flugzeug? Für US-Amerikaner seit dem 11. September 2001 unvorstellbar. Denn es waren simple Teppichmesser, mit denen die 19 Terroristen am 11. September 2001 vier Flugzeuge im US-Luftraum in ihre Gewalt brachten und die Flieger selbst zu tödlichen Waffen umfunktionierten. Mehr als 3000 Menschen starben bei den Angriffen, die der Nation noch immer ins Gedächtnis gebrannt sind.

Seitdem gelten weltweit strengere Sicherheitsvorkehrungen auf Flughäfen, und ganz besonders penibel ist die TSA, die für die Durchsuchung der Passagiere zuständige US-Behörde. Wer in den USA in ein Flugzeug steigen will, muss die Schuhe ausziehen, den Laptop auspacken und sich durchleuchten lassen. Eine simple Wasserflasche steht auf der verbotenen Liste, genauso wie Taschenmesser, Hockeyschläger und Skistöcke - das alles darf nicht ins Handgepäck. Doch das soll sich am 25. April ändern.

Messer bis sechs Zentimeter Klingenlänge erlaubt

"Nach der Auffassung von vielen Sicherheitsexperten weltweit, und denen schließe ich mich an, führt ein kleines Taschenmesser nicht zu einer Flugzeugkatastrophe", erklärte John S. Pistole, Chef der TSA, vor einer Anhörung des Repräsentantenhauses in der vergangenen Woche. Deswegen sollen ab dem 25. April Taschenmesser bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern erlaubt sein, ebenso wie kleine Scheren, Billardqueues, zwei Golfschläger und ein Hockeyschläger oder Skistöcke. Die Messer müssen neben der Klingenlänge bestimmten Kriterien entsprechen - so darf unter anderem die Klinge nicht feststellbar und nicht breiter als 1,27 Zentimeter sein.

In der Anhörung erläuterte Pistole, wie seine Behörde zu der neuen Einschätzung der Lage kommt. Unter anderem gingen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass die größte Terror-Gefahr von Sprengstoff und nicht von Messern ausgeht. Maßnahmen wie verstärkte Cockpit-Türen böten zusätzliche Sicherheit. Und die Sicherheitsmaßnahmen müssten greifen, noch bevor ein Terrorist an Bord eines Flugzeuges gelangt. Denn, hielt Pistole den Skeptikern entgegen: "Es sind bereits schon so viele Gegenstände an Bord, mit denen sich entsprechender Schaden anrichten lässt" - wie beispielsweise die Metallmesser der ersten Klasse oder Glasflaschen und Gläser. Da würden die mitgebrachten Messer keinen Unterschied machen, so seine Logik.

Brennendes World Trade Center (Foto: AP/dapd)
Eingebrannt ins Gedächtnis der Amerikaner: Die Anschläge vom 11. September 2001Bild: AP/dapd/Chao Soi Cheong

Außerdem gebe es wohl ein Missverständnis über die Aufgabe der TSA: "Unsere Aufgabe ist es, Terroristen von Flugzeugen fernzuhalten", sagte Pistole, und nicht randalierende Passagiere, die drohen, eine Stewardess zu verletzen. "Wenn die Anregung lautet, wir sollten in der Lage sein, geistig instabile Leute oder Menschen, die zuviel trinken zu erkennen und vom Fliegen abzuhalten, dann gehört das, glaube ich nicht zu unserer Aufgabe, und wir haben auch keinen Etat dafür", so der TSA-Chef.

Suche nach Sprengstoff wichtiger

Außerdem passe man sich internationalen Standards an: Die internationalen Richtlinien erlauben seit August 2010, wie Pistole erläuterte, die Mitnahme von kleinen Messern. In der EU ist ihre Mitnahme im Handgepäck erlaubt. Und nicht zuletzt: Angesichts von langen Schlangen an den Kontrollstellen und genervten Passagieren wolle man den "Schikane-Faktor" so gering wie möglich halten und die Kontrollzeit verkürzen. 2000 dieser kleinen Messer, erklärte Pistole, würden täglich an amerikanischen Flughäfen aussortiert. Das könne nun wegfallen und die TSA-Beamten könnten sich auf die Suche nach der wirklichen Gefahr - sprich Sprengstoff - konzentrieren.

Doch die Beamten selbst sind von der neuen Richtlinie gar nicht begeistert und fürchten das genaue Gegenteil, nämlich dass die Kontrollen noch länger dauern. "Unterschiedliche Ansichten darüber, ob das mitgeführte Messer den Richtlinien entspricht oder nicht können zu Konfrontationen führen", erklärte die zuständige Gewerkschaft AFGE, und sprach sich gegen die Änderung aus. "Viel zu oft werden die Beamten an den Kontrollstellen bedroht oder sogar angegriffen, diese unklare neue Regel wird dazu führen, dass diese Vorfälle zunehmen", heißt es weiter in der Erklärung der Gewerkschaft, die die TSA-Beamten vertritt.

Ein Flugzeug (Foto: AP)
Ab 25. April dürfen Taschenmesser wieder mit an BordBild: AP

Flugbegleiter-Petition ans Weiße Haus

Und auch die Flugbegleiter laufen Sturm: "Diese Regeländerung ist wider die Interessen der Sicherheit von Crew und Passagieren in einem Flugzeug und wir werden nicht aufhören, sie zu bekämpfen", heißt es in einer Erklärung der Vereinigung der Flugbegleiter. Die Gewerkschaft, die 90.000 Flugbegleiter vertritt, hat auf der Webseite der US-Regierung eine Petition gestartet, in der die Regierung von US-Präsident Barack Obama aufgefordert wird, die neue Regel zu stoppen. 100.000 virtuelle Unterschriften bis zum 5. April sind nötig, damit die Regierung reagieren muss. Anfang der Woche hatten schon 35.000 Menschen ihre Unterstützung signalisiert. Bisher hieß es jedoch aus der Regierung: "Kein Kommentar" verbunden mit dem Hinweis, die TSA sei verantwortlich für die Sicherheit des Verkehrswesens und würde die Regeln aufstellen, die sie für notwendig halte.

So dürfen ab dem 25. April dann auch kleine Taschenmesser mit in die Flugzeugkabine. Sie müssen bei der Kontrolle - wie jetzt schon Flüssigkeiten - aus dem Handgepäck herausgenommen werden. Die Kontrolleure, so TSA-Chef Pistole, sollen die Messer aber nicht aufklappen, um etwa die Klingelänge zu messen: "Wir wollen keine offenen Messer am Kontrollpunkt. Wenn es so aussieht, als würde die Richtlinie eingehalten", fuhr er fort, "dann winken die Kontrolleure es durch." Teppichmesser allerdings, ganz egal in welcher Größe, bleiben weiterhin verboten.