Der Anti-Trump im Kanzleramt
17. Februar 2017Es war nur eine Handvoll Demonstranten, die in der Nähe des Kanzleramts "Stop CETA" skandierten. Damit meinten sie das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, dem das EU-Parlament in dieser Woche nach jahrelangen Verhandlungen zugestimmt hat - sehr zur Erleichterung des kanadischen Premierministers Justin Trudeau, der CETA am Donnerstag in Straßburg als Meilenstein gelobt hat. Danach reiste er nach Deutschland weiter, zu seinem ersten offiziellen Besuch als Premierminister.
Im Berliner Kanzleramt stellte Trudeau erneut die Vorteile von CETA heraus: Das Abkommen, das 99 Prozent der Zölle zwischen Kanada und der EU abschafft, werde gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen und Wachstum anregen. CETA sei ein "Sieg für Europa und für Kanada" und könne als Blaupause für weitere Abkommen dieser Art dienen, betonte der 45-Jährige, der seit November 2015 Premierminister Kanadas ist.
Ein Abkommen mit Symbolkraft
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte CETA als Abkommen von "neuer Qualität", das im Bereich Verbraucherschutz Standards setze. Deutschland sei während der langen Verhandlungen immer ein verlässlicher Partner gewesen, der Führungsstärke gezeigt habe, betonte Trudeau. Gemeinsamkeiten mit Deutschland sieht er außerdem bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge in beiden Ländern, beim Klimaschutz und im militärischen Engagement zum Schutz der NATO-Partner im Baltikum.
Während das CETA-Abkommen, das noch von 38 nationalen und regionalen Parlamenten ratifiziert werden muss, langsam Gestalt annimmt, hat das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP derzeit keine Chance. Der neue US-Präsident Trump strebt kein Freihandelsabkommen der USA mit der EU an, sondern setzt auf bilaterale Verträge unter dem Motto "America first". Trudeau, der Trump anders als Merkel bereits persönlich getroffen hat, ist bei seinem Besuch im Weißen Haus dennoch auf Gemeinsamkeiten gestoßen: Genau wie Trump versuche auch er, neue Jobs zu schaffen und etwas für den Mittelstand und die hart arbeitenden Menschen im eigenen Land zu tun.
Unsicherheitsfaktor Trump
Damit war Trudeaus Aufzählung seiner Gemeinsamkeiten mit Trump allerdings bereits erschöpft. Diplomatisch wie immer betonte Angela Merkel, gute Beziehungen zu den USA lägen "im ureigensten deutschen Interesse" und zwar unabhängig vom jeweils amtierenden Präsidenten. Daran werde sie weiter arbeiten, "selbst wenn es in einigen Fragen natürlich auch Meinungsunterschiede gibt". Worin diese genau bestehen, kann sie auf der Münchner Sicherheitskonferenz ausloten, wo Merkel erstmals auf US-Vizepräsident Mike Pence treffen wird. Donald Trump wird Merkel dann spätestens beim G20-Gipfel im Juli in Hamburg kennenlernen, zu dem auch Trudeau anreisen wird.
Genau wie Merkel ließ der kanadische Premierminister sich nicht von der Forderung beirren, alle NATO-Länder müssten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in ihren Verteidigungshaushalt stecken - das fordert die neue US-Regierung mit Nachdruck von den Verbündeten. Wie sehr sich ein Land in der Nato engagiere, lasse sich nicht allein am Verteidigungsbudget ablesen, sagte Trudeau. "Hier müssen wir mehr tun, überhaupt keine Frage", erklärte Merkel. Dabei sei aber nicht allein der Verteidigungshaushalt von Bedeutung, sondern auch die Entwicklungshilfe und die Krisenprävention.