Geilnahme in Äthiopien beendet
9. März 2012"Ich bin erleichtert, dass sich die zwei deutschen Geiseln in Nordost-Äthiopien wieder in Freiheit und in deutscher Obhut befinden", erklärte Außenminister Westerwelle am Donnerstagabend (08.03.2012). Bereits zu Wochenbeginn hatte die Rebellengruppe "Vereinigte Revolutionär-Demokratische Front von Afar" (ARDUF) erklärt, die beiden deutschen Touristen am Montag an Stammesvertreter der Afar und Mitarbeiter der deutschen Botschaft übergeben zu haben. Das Auswärtige Amt wollte dies bis Donnerstag noch nicht bestätigen.
Die Touristen waren am 16. Januar 2012 während einer Reise in der entlegenen Afar-Region an der Grenze zu Eritrea verschleppt worden. Bei dem Angriff auf die 22-köpfige europäische Reisegruppe waren zwei Deutsche, zwei Ungarn und ein Österreicher getötet worden. Die Rebellen der ARDUF erklärten am Dienstag, sich bei den beiden entführten Deutschen "entschuldigt" zu haben. Die Deutschen hätten die vergangenen Wochen mit den Rebellen deren "kärgliches Leben geteilt". "(Wir) wünschen ihnen eine glückliche Heimreise", erklärten die Rebellen. "Es ist geplant, dass die beiden derzeit von der Botschaft betreuten deutschen Staatsangehörigen jetzt möglichst schnell nach Deutschland zurück reisen können", sagte dazu Außenminister Westerwelle.
Äthiopische Regierung beschuldigt Eritrea
Die äthiopische Regierung sagte in einer ersten Reaktion, man sei "hoch erfreut" über die Freilassung der Deutschen. Außenamtssprecher Dina Mufti machte einmal mehr den Nachbarn Eritrea für die Entführung verantwortlich. Beide Länder sind seit einem verlustreichen Grenzkrieg von 1998 verfeindet und beschuldigen sich gegenseitig der Destabilisierungsversuche. 2007 waren fünf ebenfalls in der äthiopischen Afar-Region entführte Mitarbeiter der britischen Botschaft in Addis Abeba in Eritrea freigelassen worden. Über das Schicksal der beiden entführten äthiopischen Begleiter ist derweil nichts bekannt. Man hoffe, "sie seien noch am Leben", ließ die Regierung in Addis Abeba verlauten.
Ob die auf etwa 200 Kämpfer starke ARDUF wirklich hinter dem Überfall steckt, ist bislang nicht bewiesen. Zwar übernahm die Rebellengruppe früh in Bekennerschreiben, die der DW vorliegen, die Verantwortung für den Überfall. Der Tod der fünf Touristen sei jedoch die Schuld äthiopischer Sicherheitskräfte, die Europäer seien "im Kugelhagel" gestorben. Überlebende sprachen dagegen von kaltblütigen Erschießungen durch die vermummten Entführer.
Negative Auswirkungen auf Tourismus befürchtet
Eben diese ungewöhnlich brutale Vorgehensweise nährt Zweifel an der Täterschaft der ARDUF, die bisher nicht für ein solch brutales Vorgehen bekannt war. In der verarmten und unwirtlichen Grenzregion zu Eritrea kommt es immer wieder zu Überfällen, die teils politisch, teils in einem Bandenwesen mit Wegegelderpressung begründet sind. Das Auswärtige Amt hat einen früheren Sicherheitshinweis für Reisen in die Region inzwischen noch einmal verschärft.
ARDUF kämpft seit Jahren gegen die Ausgrenzung der nomadischen Bevölkerung durch die äthiopische Regierung. In dem Schreiben vom Montag beklagt sie zudem Landverpachtungen im Afar-Gebiet an ausländische Investoren. In der vergangenen Woche war eine Delegation des Afar-Volkes in Addis Abeba, um gegen diese Praxis zu protestieren. Eritrea hat bislang jede Verantwortung für die Entführung abgelehnt.
Äthiopische Reiseveranstalter, die sich diese Woche bei der Internationalen Tourismusbörse in Berlin (ITB) präsentieren, befürchten nach dem Zwischenfall in der spektakulären Vulkanregion Einbußen im Tourismusgeschäft. Äthiopien bemüht sich seit Jahren um eine Steigerung der Besucherzahlen besonders aus Deutschland, das auf eine lange gemeinsame Geschichte mit dem kulturgeschichtlich interessanten Land am Horn von Afrika zurückblickt.
Autor: Ludger Schadomsky
Redaktion: Adrian Kriesch