Dschibuti: Kein Machtwechsel in Sicht
8. April 2016Gerade erst war Gerd Müller in Dschibuti. Der deutsche Entwicklungsminister hat Soldaten besucht, die dort stationiert sind. Seit 2008 beteiligt sich Deutschland an der EU-Operation Atalanta, die Seeleute und Handelsschiffe am Horn von Afrika schützen und Piraterie vor der Küste des Nachbarlandes Somalias verhindern soll.
Der Kleinstaat Dschibuti liegt direkt gegenüber der arabischen Halbinsel an der Meerenge von Bab Al-Mandab. Hier müssen alle Schiffe durch, die vom Golf von Aden ins rote Meer und dann weiter zum Suez-Kanal wollen.
Diese Lage macht die Häfen von Dschibuti zu den Hauptumschlagplätzen für den Welthandel. Generell ist das Land ein begehrter Stützpunkt in der Region. Denn Dschibuti gilt als politisch stabil - im Gegensatz zu seinen unruhigen Nachbarn Somalia, der immer wieder durch die Terrororganisation Al-Shabaab in die Schlagzeilen gerät.
Stützpunkt für die USA, Japan, Frankreich - und bald auch China
Die Franzosen als ehemalige Kolonialmacht haben eine bedeutende Militärbasis in Dschibuti. Die USA bauen ihre Basis "Camp Lemonnier" gerade aus; 4000 US-Soldaten sind dort zurzeit stationiert. Auch Japan ist in Dschibuti präsent, und im Dezember 2015 hat China den Bau einer Militärbasis angekündigt, wohl die einzige außerhalb der Volksrepublik. Offiziell wird das mit dem Antipiraten-Einsatz der chinesischen Marine zum Schutz der dortigen Gewässer begründet. Ein ähnliches Vorhaben Russlands ist am Widerstand der US-Regierung gescheitert.
Doch auch wenn das Land ein stabiler Anker in der Region ist - den Preis dafür zahlen vor allem die Menschen in Dschibuti: Seit der Unabhängigkeit von Frankreich 1977 ist die Familie des amtierenden Präsidenten Ismail Omar Guelleh an der Macht. Bei den Wahlen am Freitag tritt Guelleh wieder an - es wäre seine vierte Amtszeit. Beobachter rechnen den Oppositionskandidaten kaum Chancen aus. Auch um die Pressefreiheit ist es schlecht bestellt: Gerade erst warf die Organisation "Reporter ohne Grenzen" der Regierung vor, Journalisten der britischen BBC verhaftet und aus dem Land geschickt zu haben. Auf dem Ranking der NGO steht Dschibuti am unteren Ende, auf Platz 170 von 180.
Vor diesem Hintergrund beschreibt Ahmed Soliman die Stimmung vor den Wahlen als angespannt. Er arbeitet für "Chatham House", ein Institut, das zu internationaler Politik forscht. "Ich glaube, die Menschen merken, dass es keine freien und fairen Wahlen geben wird, und dass das ein Muster ist, das sich wiederholt", sagt Soliman der DW. Die Wahl werde "wahrscheinlich stark zu Gunsten des Präsidenten" ausgehen - das sei wohl auch im Sinne der Staaten, die ihre Militärbasen dort ansiedeln und weiterhin auf Stabilität in Dschibuti setzen.
"Anti-demokratischer Machthaber" oder "gesunde Demokratie"?
Das befürchtet auch Abate Ebo, von der "Union pour le Salut National", einem Zusammenschluss mehrerer Oppositionsparteien. "Die Machthaber in Dschibuti sind anti-demokratisch. Sie respektieren die Gesetze nicht und wollen von einem Machtwechsel in unserer Republik nichts wissen", wirft er dem Präsidenten vor. Zwar habe er keinen Zweifel daran, dass die Bevölkerung mehrheitlich hinter der Opposition stehe und sie bei den Wahlen auch entsprechend abstimmen würde. Doch er befürchtet Wahlbetrug: "Werden die Machthaber zulassen, dass unsere Beliebtheit auch offiziell wird? Das ist die große Frage."
Die Regierungsbündnis von Präsident Guelleh, "Union pour la Majorité Présidentielle", hält dagegen: Es gebe in diesem Jahr sechs Präsidentschaftskandidaten - so viele wie nie zuvor in der politischen Geschichte des Landes, sagt Houmed Daoud, der als Sprecher des Bündnisses für Europa in Frankreich lebt. Daoud im DW-Interview: "Das ist der Beweis dafür, dass sich Dschibutis Demokratie bester Gesundheit erfreut."
Mitarbeit: Fréjus Quenum, Jean-Fiacre Ndayiragije