Ein Großhafen als Drehkreuz für den Osten Afrikas
2. März 2012In Kenia haben die Bauarbeiten für eine riesige Hafenanlage begonnen, die das Land einmal zu einem wirtschaftlichen Drehkreuz für Ostafrika machen soll. An dem Projekt in unmittelbarer Nähe der Ferieninsel Lamu sind auch die Regierungen von Äthiopien und Südsudan beteiligt. Die Pläne umfassen nicht nur einen Großhafen, sondern ebenso eine Ölraffinerie, eine Pipeline zum Südsudan, eine Eisenbahnlinie von Lamu nach Juba im Südsudan mit einer Abzweigung nach Äthiopien, eine Autobahn für die gleiche Strecke und einen neuen internationalen Flughafen.
Das Projekt werde den Binnenstaaten einen direkten und zuverlässigen Zugang zum Meer verschaffen, sagte der kenianische Präsident Mwai Kibaki bei einer Zeremonie, an der auch der äthiopische Regierungschef Meles Zenawi und der südsudanesische Präsident Salva Kiir teilnahmen. Auch werde es dabei helfen, die ganze Region Ost- und Zentralafrika mit den internationalen Märkten zu verbinden.
China ein wichtiger Geldgeber
Die Gesamtkosten werden auf umgerechnet 16,6 Milliarden Euro geschätzt. Nach Schätzungen von Finanzexperten muss die kenianische Regierung für das Vorhaben sechs Jahre lang etwa sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder 16 Prozent des Staatshaushalts investieren. Ein wichtiger Geldgeber für das Projekt ist zudem China, der Hauptabnehmer von Erdöl aus dem Südsudan.
Das lange geplante Projekt ist dringlicher geworden, da der Nord- und der Südsudan über die Nutzung von Pipelines und Häfen für den Erdölexport zerstritten sind. Der Südsudan ist seit Juli 2011 unabhängig. Im Januar stellte der Südsudan seine Ölförderung ein, die 85 Prozent der Fördermenge im alten Sudan ausmachte. Grund war ein Streit über die Gebühren für die Nutzung der sudanesischen Pipelines ein. Während fast alle Erdölvorkommen des alten Gesamtstaats im Süden lagen, verfügt nur der Norden über Raffinerien und einen Zugang zum Meer.
Warnung vor Schäden für Natur und Tourismus
Der Großhafen ist jedoch sehr umstritten. Bewohner der Ferieninsel Lamu werfen der Regierung in Nairobi vor, ihre Belange bei den Planungen nicht berücksichtigt zu haben. Umweltschützer fürchten um die Mangrovenwälder und Korallenriffe des Lamu-Archipels. Fischer und andere Bewohner der Region warnen auch vor Einbußen im Tourismus, wenn Öltanker und andere Frachtschiffe in dichter Folge an Lamu vorbeifahren.
Die Altstadt Lamu ist seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe. Das Lamu-Archipel im Indischen Ozean ist bei Touristen sehr beliebt. Zahlreiche Prominente aus dem Ausland besitzen auf den Inseln Villen und Strandgrundstücke. Präsident Kibaki kündigte "Maßnahmen" an, um das "empfindliche Ökosystem und das kulturelle Erbe" nicht zu stören.
sti/SC (dapd, afp, epd)