Ein Traum in Gelb
Wer kann Toursieger? Drei Wochen voller Strapazen werden es zeigen. Der Kampf um das Maillot Jaune scheint offen wie lange nicht, die besten Rennfahrer der Welt treten bei der Tour de France an - unser Favoritencheck.
10. Bauke Mollema - der Flachland-Bergflo
In seiner Geburtsstadt Groningen findet sich keine nennenswerte topografische Erhebung, dennoch wurde der Niederländer Bauke Mollema ein Bergspezialist. Mollema, der erst spät zum Radsport kam, ist am Berg ein konstanter Fahrer. Seine Schwäche bisher: das Zeitfahren (im Vorjahr in Périgueux nur 140.). DW-Tipp: Bis ganz oben reicht's nicht.
9. Joaquin Rodriguez - die Zigarre
Purito, die Zigarre, nennen sie Joaquin Rodriguez, weil er einst als Neo-Profi beim Team ONCE seine erfahrenen Teamkollegen am Berg stehen ließ und dabei lässig eine Zigarrenraucher-Geste machte. Heute ist der 36-Jährige immer noch stark am Berg, hat aber meist auch einen schwachen Tag. DW-Tipp: Explosiv, aber nicht mehr konstant.
8. Jean-Christophe Péraud - der Spätstarter
Bescheiden ist Jean-Christophe Péraud. Den Toursieg strebe er nicht an, ließ er wissen. Dabei war der starke Allrounder aus Toulouse im Vorjahr Zweiter. Doch ihm fehlen bei dieser Tour die Zeitfahrkilometer und zudem dürfte die Zeit inzwischen gegen den 38-Jährigen Spätstarter arbeiten. DW-Tipp: Nicht mehr ganz so stark wie im Vorjahr.
7. Romain Bardet - der Ehrgeizige
Sein Teamchef Vincent Lavenu ist sich sicher: "Er hat den Charakter eines Toursiegers." Romain Bardet gilt als akribischer Arbeiter, verbessert sich von Jahr zu Jahr und studiert neben der Profikarriere noch Wirtschaft. Berghoch wie bergrunter ist der 25-Jährige einer der Besten. DW-Tipp: Heißer Anwärter auf das Weiße Trikot, noch nicht auf das Gelbe.
6. Tejay van Garderen - der Armstrong-Nachbar
Die große amerikanische Hoffnung nach dem tiefen Fall von Lance Armstrong, in dessen Nähe er lebt. Bei vier Tour-Teilnahmen war van Garderen zweimal Fünfter. Am Berg wird der 26-Jährige immer besser, aber als starker Zeitfahrer fehlen ihm bei dieser Tour die Zeitfahr-Kilometer. DW-Tipp: Nah dran an den besten, aber eben noch nicht einer von ihnen.
5. Thibaut Pinot - der Angstfreie
Ein Radprofi, der Angst vorm Bergabfahren hat - schlechte Berufsaussichten, sollte man meinen. Der Franzose Thibaut Pinot litt auf Abfahren unter Angstzuständen, hat diese Schwäche aber abgelegt. Nun fliegt er die Berge nicht nur hinauf, sondern auch hinab. DW-Tipp: Am Berg ganz stark, aber im Team- und Einzelzeitfahren mit Zeitverlust.
4. Vinzenco Nibali - der Hai
Der "Hai von Messina" ist immer noch angriffslustig, aber 2015 nicht mehr so konkurrenzlos wie im Vorjahr, als Contador und Froome stürzten und Quintana fehlte. Seine Stärke ist, dass er auf jedem Terrain zurecht kommt und ein sehr starkes (aber auch schlecht beleumundetes) Team hat. DW-Tipp: Trägt wieder Gelb, aber nicht am Ende.
3. Nairo Quintana - der Schüchterne
Große Gesten und Worte überlässt Nairo Quintana lieber anderen. Der Sieger des Giro 2014 ist ein Ausnahmekletterer, der selbst Froome und Contador am Berg bereits stehen ließ, doch er bleibt dabei bescheiden, ja geradezu schüchtern und medienscheu. Er ist aufs Rennen fokussiert. Vielleicht seine Stärke? DW-Tipp: Sieganwärter, aber im Flachen noch mit Schwächen.
2. Alberto Contador - der Streitbare
Er ist der stärkste Fahrer seiner Generation, gewann bereits Tour, Giro und Vuelta - einerseits. Er war bereits positiv auf Clenbuterol und soll Fuentes-Kunde gewesen sein - andererseits. Alberto Contador polarisiert die Radsportfans. Im Herbst seiner Karriere wieder beeindruckend stark. DW-Tipp: Nah dran am Sieg, aber der Giro-Sieg kostete zu viel Kraft.
1. Chris Froome - der Maschinen-Mensch
Ein typisches Bild von Chris Froome: Die Arme seltsam abgespreizt, die Beine kurbeln, der Blick ruht auf seinem Tacho. Der 30-Jährige Brite mit kenianischen Wurzeln ist auf seine Wattzahlen fixiert, wirkt bisweilen am Berg wie eine Maschine, scheinbar ferngesteuert. Auch dank seines bärenstarken Teams ist er extrem erfolgreich. DW-Tipp: Froome jubelt in Paris.
Die Windkanten der Nordsee, das Kopfsteinpflaster Nordfrankreichs oder die Bergriesen von Alpen und Pyrenäen - der Sieger wird in diesem Jahr nicht nur auf ein paar wenigen Etappen gemacht. Vom Auftakt-Zeitfahren in Utrecht bis zum großen Finale in Alpe d'Huez am Vorabend des Tour-Endspurts in Paris - die Große Schleife durch Frankreich verspricht Spannung, weil sich die Favoriten keinen Tag der Schwäche erlauben können.