Einigung im öffentlichen Dienst - Streik abgewendet
30. März 2012Aufatmen nach einem Verhandlungsmarathon: Sowohl Arbeitgeber aus Bund und Kommunen als auch Gewerkschaften mussten nachgeben, um endlich eine Einigung zu erzielen. Sechs Stunden hat die große Tarifkommission der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi über den Kompromiss für einen neuen Tarifvertrag im öffentlichen Dienst gebrütet und kontrovers diskutiert. Am Ende stimmte sie in Potsdam mit knapper Mehrheit zu. Zuvor hatte bereits die dbb-Tarifunion des deutschen Beamtenbundes dem Vorschlag zugestimmt.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zeigte sich am frühen Samstagmorgen in Potsdam erleichtert: "Das war kein Marathon, sondern ein Ironman." Aber man wolle schließlich die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes auch "ordentlich bezahlen". Mit dem ersten wichtigen Tarifabschluss dieses Jahres ist der angedrohte unbefristete Streik von Verdi vom Tisch. Auch eine Schlichtung ist nicht mehr nötig.
Löhne steigen stufenweise
Der Einigungsvorschlag sieht eine stufenweise Anhebung der Gehälter der rund zwei Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen um 6,3 Prozent innerhalb von zwei Jahren vor. Die erste Erhöhung von 3,5 Prozent soll rückwirkend zum 1. März 2012 erfolgen. Weitere Raten von jeweils 1,4 Prozent folgen dann im Januar und im August 2013. Mit Zins und Zinseszins ergibt sich damit ein Lohnzuwachs von 6,41 Prozent.
Die kontroverse Diskussion bei Verdi drehte sich zuletzt um einen Knackpunkt: die Weigerung der Arbeitgeber, neben einer allgemeinen Lohnerhöhung in den Tarifvertrag auch eine soziale Komponente aufzunehmen. Die Gewerkschaften hatten eine Mindesterhöhung von 200 Euro monatlich verlangt, um die Bezieher von kleineren Einkommen besserzustellen. "Die kategorische Weigerung der Arbeitgeber, einem Mindestbetrag zuzustimmen, ist außerordentlich bedauerlich, weil gerade untere Einkommensgruppen durch Preissteigerungen stärker belastet wurden", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske.
Der Präsident der Kommunal-Arbeitgeber, Thomas Böhle, und auch Friedrich betonten, sie seien angesichts der öffentlichen Haushaltslage "bis an die Schmerzgrenze" gegangen.
Warnstreiks sollten Druck machen
Die Tarifparteien einigten sich nach zähen Verhandlungen erst in der dritten Runde nach rund 40-stündigen Verhandlungen. Die Gewerkschaften hatten ihrer ursprünglichen Forderung nach 6,5 Prozent, mindestens aber 200 Euro pro Monat mehr Geld über mehrere Wochen mit Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr, in Kindertagesstätten und an Flughäfen massiv Nachdruck verliehen.
nis/sc/kle (dpa, rtr, afp, dapd, rtr)