Erdogan droht mit Abschied von der EU
2. Mai 2017Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will der Europäischen Union den Rücken kehren, falls die seit langem stockenden Beitrittsgespräche nicht wieder in Gang kommen. Die EU habe keine andere Wahl, als weitere Themen in den Verhandlungen anzugehen, sagte Erdogan. "Auf Wiedersehen, wenn Sie es nicht tun", sagte er an die EU gerichtet. Sein Land habe mit der EU nichts zu diskutieren, solange diese nicht ihre Versprechen einhalte.
Erdogan bezog sich auf die Eröffnung sogenannter Kapitel in EU-Beitrittsverhandlungen, in denen bestimmte Themen wie Wirtschaft, Justiz oder Menschenrechte beraten werden. Die EU hatte im Juni 2016 ein Kapitel zu Finanz- und Haushaltsfragen eröffnet, wie es im Zuge der Flüchtlingsvereinbarung verabredet worden war. Seitdem haben sich aber die Beziehungen zwischen den beiden Seiten wegen des Vorgehens der türkischen Regierung gegen Oppositionelle nach dem gescheiterten Putsch vom Juli sowie dem umstrittenen Verfassungsreferendum immer stärker abgekühlt.
Nach Verfassungsreferendum wieder zurück in der AKP
Erdogan war an diesem Dienstag im Hauptquartier der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) in Ankara wieder als Mitglied aufgenommen worden. Die am 16. April mit knapper Mehrheit angenommene Verfassungsänderung erlaubt es dem Präsidenten, künftig wieder einer Partei anzugehören.
Erdogan hatte die islamisch-konservative Partei 2001 mitbegründet. Nach seiner Wahl ins Präsidentenamt im August 2014 hatte er die AKP jedoch verlassen müssen, da er gemäß der Verfassung als Staatschef zu politischer Neutralität verpflichtet war. Diese Bestimmung wurde nun aber aufgehoben. Anders als die meisten anderen Verfassungsreformen trat die Bestimmung zur Parteizugehörigkeit umgehend in Kraft.
Erdogan will sich bei einem Sonderparteitag der AKP am 21. Mai wieder zum Vorsitzenden wählen lassen. Er wird Ministerpräsident Binali Yildirim ablösen, der den Parteivorsitz seit Mai 2016 innehat. Allerdings spielt Erdogan eine führende Rolle in der Partei, auch ohne formal den Vorsitz zu halten. Die Opposition fürchtet, dass der Präsident, wenn er zugleich Mehrheitsführer ist, zu große Kontrolle über das Parlament erlangt.
sti/as (afp, dpa)