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Favoritensturz im Irak

Daniel Scheschkewitz, Washington24. Mai 2004

Ahmed Chalabi war lange Zeit Washingtons Mann in Baghdad. Doch nun ist er in Ungnade gefallen und mit dem gestürzten Favoriten gesteht die US-Regierung auch personell das Scheitern ihrer Irak-Politik ein.

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Ahmed Chalabi war in Washington stets ein gern gesehener Gast. Bei Don Rumsfeld, bei Dick Cheney und auch auf den Parties der Einflußreichen und Mächtigen. Mit geradezu unglaublicher Naivität vertraute man im Weißen Haus und im Pentagon den Informationen eines Mannes, der seit Jahrzehnten nicht mehr im Irak gelebt hatte. Denn Chalabi lieferte alles, was man für den Krieg im Irak so brauchte: Informationen über angebliche Massenvernichtungswaffen, Kontakte zu Überläufern des Regimes und, solange Saddam und seine Söhne noch auf freiem Fuß waren, auch geheime Nachrichten über die Fluchtwege des Oberschurkens und seiner Brut.

Teure Fehlinformationen

Nicht immer waren diese Informationen gut, geschweige denn zutreffend, siehe die viel zitierten Massenvernichtungswaffen, über deren Arsenale Chalabi mit hartnäckiger Penetranz an das Pentagon berichtet hatte. Don Rumsfeld zahlte trotzdem. Regelmäßig flossen Monat für Monat hunderttausende von Dollar an Chalabis Exil-Organisation, den irakischen Nationalkongress. Über 40 Millionen Dollar hat der amerikanische Steuerzahler so über die Jahre an Chalabi entrichtet. An einen Mann der in Jordanien schon vor Jahren wegen betrügerischer Bankgeschäfte verurteilt worden war und den der amerikanische Geheimdienst CIA für im höchsten Maße unglaubwürdig hielt.

Im Irak selbst war Chalabi ursprünglich eine Quantité négligeable. Doch das sollte sich mit dem Sturz Saddams und unter dem Patronat des Pentagons schnell ändern. Chalabi bekam einen Sitz im irakischen Übergangsrat und bemühte sich fortan tatkräftig und mit Hilfe der amerikanischen Gelder um die Sicherung von Macht und Einfluss zwischen Euphrat und Tigris.

Chalabi als irakischer Präsident

Der kleine Mann mit dem Doppelkinn und der Halbglatze sah sich mit dem Wohlwollen Washingtons bereits als erster Präsident eines post-saddamistischen Iraks, wären da nicht ein paar krasse Fehleinschätzungen gewesen. Je länger die amerikanischen Besatzer im Lande waren, desto klarer wurde, dass die Invasoren eben doch nicht, zumindest nicht von der Mehrheit der Iraker als Befreier bejubelt wurden, so wie Chalabi dass seinen Föderern in der Bush-Regierung versprochen hatte.

Als fatal erwies sich sein Ratschlag an Bremer im Irak sofort mit einer umfassenden Ent-Bathifizierung zu beginnen, die einen Großteil der sunnitischen Araber um ihren Job brachte und zu erbitterten Feinden der Besatzer machte. Prompt begann Chalabis Stern zu sinken und je mehr sein Ruhm am Potomac verblasste desto stärker biederte sich der ehrgeizige Rückkehrer aus dem Exil offenbar bei einer benachbarten Macht des Irak an, deren Einfluss unter den Schiiten seit dem Sturz Saddams deutlich im Wachsen begriffen war.

Vom Favoriten zum Bösewicht

Nun gilt der Iran in Washington jedoch nach wie vor als Achsenmacht des Bösen und als Diener zweier so unterscheidlicher Herren war Chalabi im besten Fall nur noch als Doppelspion zu gebrauchen. Deshalb hat man dem ganzen Spuk nun ein Ende gemacht. Chalabi wurde den irakischen Behörden ans Messer geliefert und der Geldhahn im Pentagon wurde zugedreht. Die Razzia am vergangenen Mittwoch hat aus dem Lieblingsiraker der USA einen weiteren Bösewicht gemacht. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in Washington die Kategorien zunehmend ins Wanken geraten.