"Friedliche Befreiung" Tibets
19. Juli 2011Das große Transparent vor dem Eingang des Hauptbahnhofs in Lhasa kündigt es in großen chinesischen Schriftzeichen an: "Feier zum 60. Jahrestag der friedlichen Befreiung Tibets". Die gleiche Parole auf tibetisch fand sich am Dienstag (19.07.2011) wieder vor dem Potala Palast, dem traditionellen Sitz des Dalai Lamas.
Mit der Unterzeichnung des 17-Punkte-Abkommens am 23. Mai 1951 ist Tibet aus chinesischer Sicht Teil der Volksrepublik geworden. Einen Festakt am Stichtag gab es in diesem Jahr allerdings nicht. Mehrfach wurde der Termin für die Feier verschoben. Wann die offiziellen Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag in Tibet stattfinden sollten, wusste lange Zeit niemand genau.
Inszeniertes Spektakel
Am Montagabend war es dann soweit. Vor dem Potala Palast wurden folkloristische Tänze aufgeführt. Rote Fähnchen hingen an vielen Häusern in Lhasa. Zahlreiche Tibeter in traditionellen Trachten nahmen an der Veranstaltung teil. Hohe Regierungsbeamte aus Peking waren bei dem inszenierten Spektakel anwesend.
Zu Wochenbeginn reiste Chinas designierter Staats- und Parteichef Xi Jinping nach Lhasa zu einem mehrtägigen Tibet-Besuch. Der 58-Jährige, der 2013 höchstwahrscheinlich die Nachfolge von Hu Jintao antreten wird, wohnte den Festivitäten als höchster Offizieller Pekings bei. In den vergangenen Wochen waren Tribünen aufgebaut und die Straßen geschmückt worden. Zahlreiche Tanzgruppen waren in Bussen in der Stadt angekommen.
Xi warnt Separatisten
Bei seinem Besuch bekräftigte Xi nochmals, dass Tibet ein untrennbarer Bestandteil Chinas sei. In einer Rede sagte Xi: "Wir werden jeden Plan niederschlagen, der die Stabilität Tibets erschüttert und die nationale Einheit in Gefahr bringt."
Er hob den Fortschritt und die Modernisierung Tibets hervor: eine bessere Infrastruktur, Bau von Schulen und Krankenhäusern. Diese seien ohne die Förderung der Kommunistischen Partei Chinas nicht möglich gewesen.
Unterdessen zeigten sich Chinas Sicherheitsbehörden nervös anlässlich der Feier des 60. Jahrestags der "friedlichen Befreiung" Tibets. Sicherheitskräfte patrouillierten verstärkt durch die Straßen von Lhasa. Nach Berichten von Exil-Tibetern gibt es zurzeit strengere Sicherheitsmaßnahmen als normalerweise üblich. Zudem wurden innerhalb Tibets mehrere Kontrollposten errichtet.
Eingeschränkter Zugang nach Tibet
Bereits seit Juni durften keine ausländischen Touristen mehr nach Tibet einreisen - geschweige denn Journalisten. Auch lokale Mitarbeiter des Chinesischen Programms der Deutschen Welle mussten nach Aufforderung der Sicherheitsbehörden das Gebiet verlassen. Zugleich begrenzten die Behörden den Zugang für chinesische Touristen nach Tibet. Die Hauptstadt Lhasa sei regelrecht "von der Außenwelt abgeschnitten", so die Nichtregierungsorganisation "International Campaign for Tibet".
Tibeter weltweit protestieren seit jeher gegen die Minderheitenpolitik Pekings. Sie fühlen sich in der freien Ausübung ihrer Religion und Kultur eingeschränkt und sehen sich gegenüber der chinesischen Mehrheit benachteiligt. Die chinesische Regierung verfolgt seit Jahren eine Assimilierungspolitik in Gebieten mit ethnischen Minderheiten.
Autor: Chi Viet Giang (afp, rtr)
Redaktion: Ana Lehmann