1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Feindbild Deutschland?

Nils Naumann21. März 2013

Deutschland zahlt den größten Anteil der EU-Krisenhilfe. Trotzdem werden die Deutschen in vielen Euro-Krisenländern wegen ihrer angeblichen harten Haltung kritisiert. Hauptziel der Kritik ist Angela Merkel.

https://p.dw.com/p/182AG
Demonstrant hält Plakat mit Angela Merkel (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

Angela Merkel kann sie wohl schon nicht mehr sehen - die Fotomontagen auf denen sie in SS-Uniform oder mit Hitlerbärtchen dargestellt wird. Seit Beginn der Eurokrise greifen die Gegner eines angeblichen deutschen "Spardiktats" immer wieder auf den Nazi-Vergleich zurück.

Auch jetzt in Zypern: Vor dem Parlament demonstrierten in den vergangenen Tagen Tausende gegen die ursprünglich geplante Banken-Abgabe. Viele trugen Anti-Merkel-Plakate. Auf einem stand "Merkel, du stiehlst unsere Ersparnisse", auf einem anderen "Merkel, dein Geld ist blutiger als jede Geldwäsche." Eine ältere Dame erklärte, es müsse endlich Schluss sein mit dem "deutschen Wirtschaftsfaschismus".

Viele Zyprer machen Deutschland für die harten Auflagen des - inzwischen im zyprischen Parlament gescheiterten - EU-Rettungsplans verantwortlich. Bundeskanzlerin Merkel und der deutsche Finanzminister, so wird es von zyprischen Politikern kolportiert, hätten die ursprünglich geplanten Belastungen für die zyprischen Sparer durchgedrückt. Im zyprischen Parlament wetterte der Kommunist Andros Kyprianou "Auf der Liste der Länder mit Schwarzgeldern steht Deutschland weit über uns aber die sagen uns, wie wir es machen sollen."

Die Berliner Regierung stellt die Rollenverteilung allerdings anders da. Die zyprische Regierung habe sich geweigert, höhere Guthaben stärker zu belasten. Deswegen hätten sich die Euro-Retter nicht gleich zu einer sozialverträglichen Lösung durchringen können - mit Freibeträgen und einer niedrigeren Abgabe für Kleinsparer.

Demonstration in Zypern (Foto: AFP/Getty Images)
Feldherrin Angela Merkel: Demonstration in ZypernBild: AFP/Getty Images

Die Zyprer, sagt Andreas Armenakis vom Deutsch-zyprischen Verein, fühlten sich verletzt von den Geldwäschevorwürfen. Viele hätten bis vor Kurzem selbst nicht gewusst, wie abhängig ihr Land von den Finanzströmen ist. Armenakis glaubt trotzdem nicht, dass die breite Bevölkerung anti-deutsche Gefühle hegt. "Wenn erst eine Lösung gefunden ist, wird sich das Ganze ohnehin wieder entspannen."

Anti-Deutsches-Déjà Vu

Schon bei den Protesten gegen die Sparpakete in Griechenland war Bundeskanzlerin Angela Merkel Zielscheibe massiver Kritik. Als Merkel Griechenland besuchte, um die Wogen zu glätten, verkleideten sich Demonstranten mit Nazi-Uniformen. Die Angst vor einer deutschen Dominanz ist in Griechenland auch historisch bedingt. Viele ältere Griechen haben die Gräueltaten der deutschen Truppen im Zweiten Weltkrieg noch im Gedächtnis. Auch deswegen sind Nazi-Vergleiche so beliebt.

Auch in Italien kochte die Stimmung in der Euro-Debatte in den vergangenen Monaten hoch. Einige Medien machten Front gegen Deutschland. "Quarto Reich - Viertes Reich" titelte das Berlusconi-Blatt "Il Giornale" Mitte vergangenen Jahres. Darunter ein Bild von Angela Merkel mit leicht erhobenem rechten Arm. Die Deutschen hätten die Kanonen durch Euro ersetzt, schrieb damals Chefredakteur Alessandro Sallusti.

Demonstrant hält Plakat mit Adolf Hitler und Angela Merkel (Foto: dpa)
Angela Merkel als Hitler-Nachfolger: Proteste beim Besuch der deutschen Bundeskanzlerin in AthenBild: picture-alliance/dpa

Silvio Berlusconi selbst zückte im Parlamentswahlkampf Anfang des Jahres die Anti-Deutsche-Karte. Regierungschef Mario Monti warf er Deutschland-Hörigkeit vor. Monti habe sich bei seiner Sparpolitik den Vorgaben aus Berlin gebeugt. Er dagegen habe sich "deutschen Forderungen immer widersetzt". Die Tiraden von Berlusconi und seinen Helfern fanden Anklang. Bei der Wahl erreichte Berlusconi fast 30 Prozent der Stimmen und damit Platz zwei.Als Angela Merkel Mitte vergangenen Jahres Spanien besuchte, gab es auch dort Proteste. Die Demonstranten warnten vor einer deutschen Dominanz. "Nein zu einem deutschen Europa" und "Merkel, Nein, Viertes Reich, Nein" lauteten die Parolen. Auf einigen Plakaten war Merkels Gesicht mit Hakenkreuzen bemalt.

Das Titelblatt der italienischen Zeitung 'Il Giornale' vom 03.08.2012 (Foto: dpa)
Das Titelblatt der italienischen Zeitung "Il Giornale" vom 03.08.2012Bild: picture-alliance/dpa

Eigentlich habe es in Spanien, im Gegensatz zu Griechenland oder Italien, nie anti-deutsche Feindbilder gegeben, erklärt der spanische Politikwissenschaftler Fernando Vallespin. Schließlich sei Spanien nie von Deutschland erobert worden. Die Spanier hätten immer einen "freundlichen Blick" auf die Deutschen gehabt.

Doch die Austeritätspolitik von "La Merkel" sei durchaus umstritten. "Da gibt es ein großes Unbehagen." Nach Jahren der Sparpolitik ohne sichtbare Erfolge seien die Spanier deprimiert. "Wir haben das Gefühl", sagt Vallespin, "dass wir keine Zukunft haben." Das sei aber kein Problem mit den Deutschen, sondern mit der deutschen Regierung.

Doch auch wenn viele Menschen die Krisenpolitik der deutschen Regierung kritisch sehen, vor allem für die jungen Südeuropäer bleibt Deutschland ein attraktives Land. Durch die hohe Arbeitslosigkeit ist die Nachfrage nach Deutschkursen stark gestiegen. Viele Arbeitslose erhoffen sich eine berufliche Zukunft in Deutschland.

Deutsche Charmeoffensive in Griechenland

Inzwischen hat auch die Bundesregierung die antideutsche Stimmung in Teilen der südeuropäischen Bevölkerung erkannt. Jetzt soll eine Charmeoffensive das angekratzte Image der Deutschen in Griechenland aufpolieren. Kein Geringerer als Otto Rehhagel soll den Griechen die Angst vor den Teutonen nehmen.

Otto Rehhagel nach dem Gewinn der EM 2008 mit Griechenland (Foto: AP)
Otto Rehhagel nach dem sensationellen Gewinn der EM 2004 mit GriechenlandBild: AP

In Deutschland genießt der 74-jährige Fußballtrainer Kult-Status. In Griechenland aber ist er ein Held. Rehhagel schaffte es 2004, den eher drittklassigen griechischen Fußball zur Europameisterschaft zu führen. Dafür lieben ihn die Griechen noch immer.

Ende März wird Rehhagel für drei Tage nach Athen reisen. Doch Rehhagels Schwachstelle ist sein Temperament. Als Trainer gebärdete er sich an der Außenlinie oft wie eine Furie. Und selbst in Interviews verlor der leicht reizbare Fußballlehrer manchmal die Beherrschung. Gut möglich, dass Angela Merkels Beraterstab Rehhagel noch einen Intensivkurs verordnet. Zum Beispiel über die Sprachregelungen auf dem internationalen Parkett. Damit es nicht neuen Ärger zwischen Deutschen und Griechen gibt.