Militärbasen in Zentralasien
4. Januar 2012In den Mitgliedsländern der Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit (OVKS) sollen neue Militärbasen von Drittländern nicht mehr ohne Moskaus Zustimmung eingerichtet werden können. Das war das wichtigste Ergebnis eines Treffens der OVKS-Staats- und Regierungschefs Ende Dezember in Moskau.
Mitglieder der OVKS sind Russland, Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan. Aufgabe des Bündnisses soll die Gewährleistung der Sicherheit, Souveränität und territorialen Integrität der Staaten sein. Stützpunkte von Drittländern bestehen derzeit in zwei OVKS-Staaten - ein amerikanischer im kirgisischen Manas und ein deutscher im usbekischen Termez. Die französischen Streitkräfte haben zudem Landerechte auf einem tadschikischen Militärflughafen. Russland verfügt hingegen in drei OVKS-Staaten über Basen - in Kirgisistan, Tadschikistan und Armenien.
Unbegründete Befürchtungen
Die Moskauer Vereinbarungen, wonach alle OVKS-Mitglieder zustimmen müssen, wenn eines der Länder auf seinem Territorium eine Militärbasis eines Drittstaates zulassen will, wurden kaum beachtet, weder im Westen noch in Russland selbst. Dabei sind die Beschlüsse vor allem im Hinblick auf den Abzug der Internationalen Koalition aus Afghanistan interessant.
Im russischen Außenamt herrsche Angst, Russland könnte von ausländischen Militärstützpunkten umzingelt werden, vor allem von amerikanischen, sagt der russische Militärexperte Alexander Golz. "Man glaubt, dass die Amerikaner nach dem Abzug aus Afghanistan versuchen werden, Militärstützpunkte in Tadschikistan und Usbekistan aufzubauen", so der Experte. Dabei sollten die Russen über US-Basen froh sein, denn nach dem Abzug der Internationalen Koalition aus Afghanistan werde Russland vor einem ernsthaften Sicherheitsproblem stehen, warnt der Militärexperte. Ihm zufolge bestehe die Gefahr, dass sich der "aggressive Islam" schnell nach Russland hin ausbreitet.
"Diese Verpflichtung bedeutet nichts"
Von den Moskauer OVKS-Beschlüssen hält der russische Journalist und Zentralasien-Experte Arkadij Dubnow nicht viel. Sie sollen nur "Moskaus Ambitionen zufriedenstellen". "In Wirklichkeit bedeutet diese Verpflichtung nichts", so Dubnow. Er bezweifelt, dass beispielsweise der usbekische Präsident Islam Karimow - wenn die USA an der Einrichtung einer Militärbasis auf usbekischem Territorium interessiert wären - auf die Zustimmung seines tadschikischen Amtskollegen Emomali Rachmon oder des belarussischen Staatschefs Alexander Lukaschenko warten würde.
Der Militärexperte Golz weist zudem darauf hin, dass jedes OVKS-Mitglied, wenn es auf seinem Territorium eine ausländische Militärbasis zulassen wollte, nicht davor zurückschrecken würde, diese einfach als zivile Anlage zu deklarieren. Dies habe Kirgisistan bereits im Falle der amerikanischen Basis in Manas getan. "Man kann immer sagen, dass es ein Ausbildungs- oder Transportzentrum ist", so Golz.
Ein Joker nur für Moskau?
Golz und Dubnow sind sich einig, dass die OVKS-Mitglieder in der Frage ausländischer Militärbasen nur auf Druck Moskaus eingelenkt haben. "Im Gegenzug werden die OVKS-Mitgliedsländer weiterhin russische Waffen zu günstigen russischen Inlandspreisen kaufen können", erläuterte Dubnow.
"Und für Moskau soll diese Vereinbarung ein Joker in Verhandlungen mit den USA sein, weil die Amerikaner Basen brauchen werden", glaubt Golz. Ihm zufolge geht der Kreml davon aus, mit Washington nun leichter verhandeln zu können. Aber auch die anderen OVKS-Mitglieder könnten die Moskauer Beschlüsse als Joker einsetzen, wenn beispielsweise Washington mit Moskau verhandeln würde. "Dann könnte Lukaschenko Moskau zwingen, mit ihm zu verhandeln, zum Beispiel über die Senkung des Gaspreises", so der russische Militärexperte Golz.
Autor: Mikhail Bushuev / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Hans Spross