Georgiens Regierungschef tritt zurück
13. Juni 2018Georgi Kwirikaschwili hat nach Massenprotesten seinen Rücktritt angekündigt. Er begründete seine Entscheidung in der Hauptstadt Tiflis mit zunehmender Kritik der Kabinettsmitglieder an seinem wirtschaftspolitischen Kurs. "In den vergangenen Monaten waren grundlegende Fragen aufgekommen, bei denen unsere Positionen auseinandergingen", sagte der Regierungschef der Südkaukasusrepublik örtlichen Medien zufolge. Es gebe "grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten" mit dem Vorsitzenden der regierenden Partei Georgischer Traum, dem Milliardär und früheren Regierungschef Bidsina Iwanischwili, sagte er weiter.
Kwirikaschwili gilt als Vertrauter des einflussreichen Milliardärs Bidsina Iwanischwili. Angeblich war Iwanischwili zuletzt aber unzufrieden mit Kwirikaschwilis Linie. Bis 2013 war Iwanischwili selbst Regierungschef. Kritiker behaupten, dass er trotz seines Rücktritts weiter die Fäden beim Georgischen Traum spann. Kwirikaschwili war im Dezember 2015 zum Regierungschef gewählt worden, nachdem sein Vorgänger Irakli Garibaschwili überraschend zurückgetreten war. In seiner damaligen Antrittsrede plädierte Kwirikaschwili für eine engere Anbindung an den Westen. "Unser Ziel ist die Mitgliedschaft in der EU und in der NATO", sagte er.
Druck von der Straße
Der Rücktritt fällt in eine Zeit wachsender Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der Regierung. Seit Ende Mai gibt es immer wieder Proteste in Georgien. Tausende Menschen hatten in Tiflis gegen angeblich gewaltsame Polizeirazzien in zwei beliebten Nachtclubs sowie gegen die harte Anti-Drogen-Politik der Regierung protestiert. Sie forderten den Rücktritt Kwirikaschwilis und seines Innenministers Giorgi Gacharia.
Am 1. Juni waren tausende Menschen in der Hauptstadt Tiflis auf die Straße gegangen, um gegen den angeblichen politischen Einfluss auf einen Mordprozess zu protestieren. Auslöser war das Gerichtsurteil zum Mord an einem Jugendlichen, bei dem zwei Verdächtige freigesprochen worden waren. Kurz darauf legte ein Streik der U-Bahn-Arbeiter den öffentlichen Personennahverkehr in der 1,2-Millionen-Stadt lahm. Unter dem Druck Tausender Demonstranten trat ein Staatsanwalt zurück. Die Proteste richteten sich auch gegen die Regierung, nahmen aber ab. Nach offizieller Darstellung hat der Rücktritt nichts mit den Kundgebungen zu tun.
Laut georgischer Verfassung führt der Rücktritt eines Regierungschefs zum Rücktritt seines gesamten Kabinetts. Die regierende Partei hat dann sieben Tage Zeit, einen neuen Ministerpräsidenten zu nominieren.
sam/rb (afp, dpa)