Gerechtigkeit der Geschlechter im Fokus der Islamkonferenz
19. April 2012Die Deutsche Islamkonferenz hat häusliche Gewalt und Zwangsverheiratung verurteilt. Bei ihrer Plenarsitzung in Berlin-Kreuzberg hätten die Mitglieder betont, dass häusliche Gewalt und die Nötigung zur Eheschließung schwere Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit der betroffenen Personen darstellten, heißt es in einer Mitteilung des Bundesinnenministeriums. Dies könne weder akzeptiert noch toleriert werden. Zudem wurde eine Handreichung über Rollenbilder von Mädchen und Frauen für Multiplikatoren in muslimischen Gemeinschaften vorgestellt, die bis Frühjahr 2013 in der Endfassung vorliegen soll. Im Mittelpunkt der Plenarsitzung steht das Thema "Geschlechtergerechtigkeit als gemeinsamen Wert leben".
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nahm die Konferenz zum Anlass, um die Aktivitäten radikal-islamischer Salafisten zu verurteilen: "Diese wollen nicht für eine Religion werben, sondern für eine Ideologie." Deswegen lasse sich die Runde von den Salafisten mit ihrer Propaganda auch nicht eine Änderung der Tagesordnung aufzwingen. Dennoch müsse ein klares Zeichen gesetzt werden. Salafisten hatten am Wochenende in deutschen Städten wieder kostenlos Koran-Exemplare verteilt und damit eine Debatte ausgelöst. Einige Politiker wie Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderten, das Thema auf die Tagesordnung der Islamkonferenz zu setzen.
"Islam gehört nicht zu Deutschland"
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, hatte unmittelbar vor der Sitzung der Aussage des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff widersprochen, der Islam sei ein Teil von Deutschland. "Der Islam ist nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland und gehört somit nicht zu Deutschland", sagte Kauder der "Passauer Neuen Presse". Wohl aber gehörten Muslime zur Bundesrepublik. "Sie genießen selbstverständlich als Staatsbürger die vollen Rechte, ganz klar."
Die Islamkonferenz, die 2006 vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble erstmals einberufen wurde, soll als Forum zwischen dem Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen fungieren. Teilnehmer sind Vertreter islamischer Verbände, wie die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) und der Verband Islamischer Kulturzentren sowie zehn muslimische Einzelpersönlichkeiten. Auf Regierungsseite nehmen Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen teil. Kritiker monieren jedoch, dass die islamischen Verbände kaum die Mehrheit der Muslime in Deutschland repräsentieren könnten. Wichtige Dachorganisationen wie der Zentralrat der Muslime und der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland sitzen nicht mit am Tisch.
sti/qu (afp, dpa, dapd, epd, kna)