Halali auf die Fuchsjagd
18. Februar 2005
"Es ist ein Fest, eine Art Ritual, so etwas wie ein Erbe des Landes, das mutwillig, sinnlos und nutzlos zerstört wird als Teil einer altmodischen Klassenpolitik", wettert die Historikerin Jane Ridley von der Buckingham University. Die Fuchsjäger seien schließlich "Teil der Grundstruktur des ländlichen Lebens in England", sagt sie.
Das schlaue Füchslein
Fuchsjagd: Das ist, wenn mehr oder minder vornehme Herren (und Damen) in scharlachroten Röcken auf teuren Pferden "merry Old England" durchstreifen, vor sich eine Meute Hunde, die einen Fuchs aufstöbern und - falls sie ihn erwischt - zerfleischen soll. Bis zu 25.000 Füchse werden jedes Jahr bei den Hetzjagden getötet.
Bringt der Mensch das füchsische Sozialgefüge durcheinander, stellt sich der Fuchs vermehrt darauf ein. "Die Füchse haben dann kaum feste Reviere und keine festen Bindungen", hat der Biologe Erik Zimen herausgefunden. Der Fuchs paart sich mit allen erreichbaren Füchsinnen, die Welpenzahl steigt, um wenigstens ein paar von ihnen durchzubringen. Und so kann die Jagd immer wieder von vorn beginnen.
Drahtschlingen oder Gift auslegen, die Baue ausräuchern, den Fuchs erschießen und anschließend irgendwo in geselliger Runde einkehren - das dürfen auch die Engländer und Waliser weiterhin. Nur die Hatz mit Hunden ist untersagt. Bereits der Regierungsbericht zur Fuchsjagd von 2000 beinhaltete einen Vorschlag zur Güte: kein absolutes Verbot, sondern Lizenzen für die Jagdvereine, ähnlich wie in Schottland. Dort sieht das Gesetz Ausnahmeregelungen vor – als "Fuchs-Kontrollservice" für Farmer und Landwirte. Doch die Lords im britischen Oberhaus stellten sich stur, die Debatte im Parlament eskalierte.
Lords im Abseits
Wohl auch, weil die Lobbyisten fuchsteufelswild auf das drohende Verbot reagierten, zog Michael Martin, der Vorsitzende des "House of Commons", die Notbremse: Per "Parliament Act" wurde das Verbot am 18. November 2004 durchgesetzt. Elf Lesungen im Unterhaus waren dem vorangegangen. Die Lords im Oberhaus hatten den Beschluss der "Commons" in zwei aufeinander folgenden Sitzungsperioden zwei Mal blockiert – also durfte das Gesetz ohne ihre Zustimmung in Kraft treten: Ende eines siebenjährigen Streits, Einspruch abgelehnt. Sollte irgendjemand in Zukunft bei einer Fuchsjagd erwischt werden, dann drohen umgerechnet 7500 Euro Strafe. Oder auch zwei Jahre Gefängnis.
Die Militanten unter den Fuchsjagd-Verfechtern üben sich inzwischen in zivilem Ungehorsam: Sie wollen illegal weitermachen. Selbst Innenminister Charles Clarke und führende Polizeioffiziere nehmen das Verbot locker. "Wenn Sie sich anschauen, womit sich die Polizei vorrangig beschäftigen muss - Drogen, Menschenhandel und andere Verbrechen - dann glaube ich nicht, dass die Fuchsjagd bei irgendeiner Polizeistelle ganz oben auf der Liste steht", lässt sich der Minister zitieren.
Von "New England" lernen
Wozu eigentlich die ganze Aufregung? Sogar die Tierschützer wären bereit, das Ritual der Fuchsjagd erhalten – aber eben auch das Leben des Fuchses. "Die roten Jacken, die Hunde, die Pferde, das Sozialleben, all das kann bleiben, aber es wird kein Tier mehr zu Tode gehetzt und zerfleddert", wirbt Henry Macaulay, Sprecher des Tierschutzverbandes RSPCA, für ein zeitgemäßes Regelwerk. So, wie es in den USA und Kanada gehandhabt wird.
In Übersee gilt der strenge Jagd-Kodex der "Masters" der "Foxhounds Association of America" (MFHA): Das sportliche "Ziel" ist die Jagd, nicht der Tod des Tieres. Alles, was dem Fuchs keine Chance gibt zur Flucht, ist verboten. Und: Ein "Bitte", "Danke" oder freundliches Lächeln ("Denken Sie immer daran, dass Sie nur Gast sind auf den Ländereien eines anderen") kostet nichts, bringt aber viel ein.