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IOC schließt Indien aus

Andreas Sten-Ziemons4. Dezember 2012

Indien hat sich mit dem mächtigen Internationalen Olympischen Komitee angelegt - und verloren. Mit sofortiger Wirkung ist das NOK Indiens suspendiert und das hat Folgen für den Sport auf dem Subkontinent.

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Fahnenträger Rajyavardhan Singh Rathore mit der indischen Fahne bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2008 in Peking(Foto: EPA/Franck Robichon)
Bild: picture-alliance/dpa

Das Nationale Olympische Komitee Indiens (IOA) ist dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) schon seit längerer Zeit ein Dorn im Auge. Nun aber ist bei den Gralshütern der Olympischen Bewegung der Geduldsfaden gerissen. Die IOC-Exekutive verkündete in Lausanne, dass die Inder mit sofortiger Wirkung suspendiert sind. Der Grund: die massive Einmischung der Politik in die Arbeit von Indiens NOK.

Konkret geht es um die Weigerung des IOA, die Wahl seiner Führungsspitze an diesem Mittwoch (05.12.2012) gemäß der olympischen Charta durchzuführen. Die Charta, eine Schrift mit fünf Kapiteln und 61 Artikeln, ist aber das Regelwerk des IOC, an das sich alle Mitgliedsverbände zu halten haben. In der Charta ist unter anderem festgehalten, wofür das IOC steht, was ein Olympia-Ausrichter zu leisten hat und eben auch, welche Personen IOC-Mitglieder sein dürfen, beziehungsweise, wann ein Mitglied suspendiert werden sollte.

Elf Monate Gefängnis wegen Korruption

In Kapitel 2, Artikel 3.8 heißt es: "Ein IOC-Mitglied kann (…) ausgeschlossen werden, wenn das Mitglied seinen Eid verletzt hat oder wenn (…) das Mitglied fahrlässig oder vorsätzlich die Interessen des IOC gefährdet hat oder es ein Verhalten gezeigt hat, das des IOC unwürdig ist." Und weiterhin: "Ein Mitglied, das vom IOC ausgeschlossen wurde, kann nicht Mitglied eines NOK, einer Vereinigung von NOKs oder eines OK sein."

Lalit Bhanot (Foto: EPA/ANINDITO MUKHERJEE)
Lalit Bhanot saß wegen Korruption elf Monate lang im GefängnisBild: picture-alliance/dpa

Und genau das ist das Problem: Denn einziger Kandidat für den Posten des IOA-Generalsekretärs ist Lalit Bhanot. Zwar ist der nie offiziell vom IOC ausgeschlossen worden, hat aber wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit den Commonwealth Games 2010 in Delhi elf Monate im Gefängnis gesessen. Inzwischen ist er wieder auf freiem Fuß und trotz seiner Vergehen will das indische NOK an ihm festhalten. Ein Gericht in der indischen Hauptstadt Delhi hat sogar angeordnet, die IOA müsse die Wahlen abhalten. Die Richter stellten dabei indische Regierungsstatuten über die Regeln des IOC. Und das hatte das IOC prompt als Einmischung der Politik gewertet.

"Der Bann trifft uns hart", sagte der designierte IOA-Präsident Abhay Singh Chautala. "Aber er ist falsch und völlig einseitig." Man habe dem IOC die Situation und die Details der Wahlen erklärt. Der amtierende Präsident habe an das IOC geschrieben, aber keine Antwort erhalten, klagte er.

In der Tat hat die Suspendierung für den indischen Sport schmerzhafte Folgen: Ab sofort erhält Indien keine Zuschüsse mehr vom IOC für die Sportentwicklung. Zudem dürfen indische Sportfunktionäre nicht mehr an IOC-Meetings teilnehmen. Die Athleten des Landes dürfen nicht mehr unter indischer Flagge bei internationalen Wettkämpfen antreten. Eine Rücknahme der Suspendierung erscheint nur dann möglich, wenn das IOA doch noch einlenkt, oder aber Lalit Bhanot aus eigenem Antrieb auf seine Kandidatur verzichtet.

Konsequent inkonsequent

Schon öfter hat das IOC wegen Einmischung der Politik in den Sport Suspendierungen verhängt. Zuletzt war Anfang des Jahres das NOK von Kuwait gesperrt worden. Erst kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in London hob das IOC den Bann wieder auf. Und auch in Indien ist die Causa Bhanot nicht der erste Fall, der den Unmut des IOC hervorruft: Der langjährige IOA-Präsident Suresh Kalmadi war im April 2011 wegen Millionenbetrugs verhaftet worden und musste für neun Monate ins Gefängnis. Trotzdem wollte er sich anschließend zur Wiederwahl stellen und konnte erst durch viele Gespräche und die Androhung von Konsequenzen für den Verband davon abgehalten werden.

Joao Havelange (Foto: Arno Burgi/dpa)
Joao Havelange entzog sich durch Rücktritt weiteren Korruptions-ErmittlungenBild: picture-alliance/dpa

So konsequent, wie sich die Schirmherren der olympischen Bewegung nun gegen ein möglicherweise korruptes IOC-Mitglied aus Indien stemmen, waren sie allerdings nicht immer: Beim brasilianischen IOC-Mitglied und langjährigen FIFA-Präsidenten Joao Havelange, der in einen Bestechungsskandal um Sportvermarktungsrechte verwickelt war und rund 1,2 Millionen Euro Schmiergeld kassiert haben soll, wurden 2011 mit dessen Rücktritt alle Ermittlungen eingestellt. Offiziell sprach IOC-Präsident Jacques Rogge von "purer Spekulation", dass Havelanges Rücktritt und die Einstellung der Ermittlungen in einem Zusammenhang stünden. In derselben Bestechungsaffäre erhielten auch zwei hochrangige afrikanische Sportfunktionäre milde Strafen: Afrikas Fußball-Chef Issa Hayatou bekam nur einen Verweis, Leichtathletik-Weltverbandspräsident Lamine Diack lediglich eine Verwarnung. IOC-Mitglieder sind die beiden weiterhin.