Seehofer will Abschiebungen erleichtern
14. Februar 2019Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) schlägt eine härtere Gangart gegen einen Großteil der in Deutschland geduldeten Ausreisepflichtigen ein. Wer nicht an der Beschaffung seiner Passpapiere mitwirkt oder vor einer Rückführung untertaucht, soll laut einer Vorlage seines Hauses künftig leichter abgeschoben werden können.
Insgesamt gab es nach Angaben aus dem Ministerium Ende vergangenen Jahres rund 236.000 Ausreisepflichtige, davon 180.000 mit Duldung und 56.000 ohne Duldung. Im vergangenen Jahr standen 26.114 geglückten Rückführungen rund 31.000 gescheiterte Abschiebungen gegenüber. 8000 der Abschiebungen scheiterten am Tag der geplanten Ausreise - entweder weil der Ausländer an seinem normalen Aufenthaltsort nicht angetroffen wurde oder weil er Widerstand leistete.
Das Innenministerium will nun stärker den Fokus auf die Gruppe der Geduldeten legen. Laut dem Entwurf für das "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" soll künftig besser unterschieden werden können zwischen Ausreisepflichtigen, die aus humanitären Gründen geduldet sind, und solchen, die ihre Abschiebung aktiv behindern. Von diesen hätten insgesamt fast 80 Prozent keine Reisedokumente, hieß es. Wer sein Ausreisehindernis etwa durch Identitätstäuschung, eine Mitwirkungsverweigerung oder fehlende Passpapiere selbst verschuldet, soll künftig aus der Duldung herausfallen. Hierfür soll ein neues Instrument geschaffen werden: die Ausreiseaufforderung, die unterhalb der Duldung liegt.
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt kritisierte, dieser neue Status sei im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Aufgrund des damit verbundenen Arbeits- und Ausbildungsverbots hätten die Betroffenen keine Bleibeperspektive mehr. Da aber weiter viele Abschiebungen scheiterten, werde so eine große Gruppe von Menschen in einem rechtlosen Zustand" geschaffen.
"Rechtstaatliche Giftzähne"
Die "Duldung light" sei zu Recht in der Vergangenheit von der SPD verhindert worden, fügte der Pro-Asyl-Geschäftsführer hinzu. Justizministerin Katarina Barley (SPD) solle dem Gesetzentwurf wegen der vielen "rechtstaatlichen Giftzähne" die Zustimmung verweigern.
Das Bundesinnenministerium plant ferner eine Vereinfachung der Voraussetzungen für die Abschiebehaft. Dabei soll die sogenannte Darlegungslast nicht mehr bei den Ausländerbehörden liegen. Künftig kann jemand bereits in Haft genommen werden, wenn die Behörden eine Fluchtgefahr vermuten. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein Ausreisepflichtiger den Wohnsitz wechselt, ohne die Behörden darüber informiert zu haben.
Eine Abschiebehaft kann theoretisch 18 Monate dauern, in der Praxis sind es in den meisten Fällen aber maximal sechs Wochen, wie es hieß. Ein Ausreisegewahrsam wiederum dauert höchstens zehn Tage. Auch dieser soll künftig leichter angeordnet werden können.
Derzeit gibt es bundesweit 479 Abschiebehaftplätze und damit weit weniger als benötigt. Seehofer will daher das Trennungsverbot von Abschiebungs- und Strafgefangenen in Gefängnissen aussetzen. Abschiebehäftlinge sollen so auch in bereits bestehenden Justizvollzugsanstalten untergebracht werden können, allerdings räumlich getrennt.
Fußfessel und Meldepflicht
Straftäter, die nicht abgeschoben werden können, sollen besser überwacht werden: zum Beispiel mit Meldepflichten, einer räumlichen Beschränkung oder der elektronischen Fußfessel.
Über den Entwurf wurden den Angaben nach neben den anderen Ministerien auch die Koalitionsfraktionen informiert. Am Freitag sollen die Innenminister der Bundesländer über die Einzelheiten aufgeklärt werden. Im Bundesinnenministerium hofft man auf zügige Anhörungen.
stu/jj (afp, dpa, epd, kna)