Die Zeit drängt
18. November 2017Nach Angaben von Teilnehmern zeichnen sich bei den Themen Landwirtschaft, Wirtschaft und Verkehr Fortschritte ab. Nach den Worten von CDU-Vize Thomas Strobl ist man sich beim Thema Wirtschaft "im Grunde einig". Es gebe ein klares Bekenntnis zum Ordnungsprinzip der sozialen Marktwirtschaft. Auch der FDP-Politiker Michael Theurer sprach von einem deutlichen Schritt nach vorne. Beim Thema Verkehr gebe es dagegen noch offene Punkte, betonen beide.
Einigung bei der Agrarpolitik
Auch über die Leitlinien einer gemeinsamen Agarpolitik sind sich die Partner einig geworden. "Da ändert sich echt etwas", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Einig seien sich die möglichen Koalitionäre auch darüber, dass dafür mehr Geld nötig sei. In Verhandlungskreisen war von rund 900 Millionen Euro die Rede. Damit ist den vier Parteien ein Durchbruch in einem ursprünglich sehr umstrittenen Bereich gelungen. Die Grünen hatten im Wahlkampf eine "Agrarwende" gefordert, die von der Union abgelehnt worden war.
Rückwärtsentwicklungen
Zurückhaltend äußerte sich die Grünen-Chefin Simone Peter. Zwar gebe es bei einigen Themen eine Fortbewegung, an anderen Stellen aber auch Rückwärtsentwicklungen. Beim Thema Klima etwa seien Dinge, die schon vereinbart gewesen seien, nämlich die Energiewende fortzuschreiben und einen relevanten Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele zu leisten, "teilweise wieder aufgemacht" worden. Bewegungen fänden bei den Gesprächen oft in verschiedene Richtungen statt. Aus Verhandlungskreisen hieß es, dass weiter um die für den Klimaschutz zentrale Kohleverstromung gerungen wurde.
CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich denn auch skeptisch, dass die Beratungen wie geplant am Sonntag um 18.00 Uhr beendet werden können. Dies liege daran, dass noch ein "Berg von Entscheidungen" zu bewältigen sei, sagte er. Daher wolle er von der Uhrzeit her kein Limit setzen.
Richtungsweisende Entscheidungen nötig
Beim Thema Migration liegt immer noch die Frage des Familiennachzugs für Flüchtlinge als größter Brocken im Weg. "Wir haben uns an vielen Stellen bewegt, sind bis an die Schmerzgrenze gegangen", sagte Grünen Unterhändler Jürgen Trittin mit Blick auf den Streitpunkt Migration der Zeitung "Bild am Sonntag". Das betreffe Verfahren, aber auch Fristen und die Nennung von Zahlen. Nicht verhandelbar sei für die Grünen der Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge.
Sowohl beim Kohleausstieg als auch beim Familiennachzug von Flüchtlingen sind richtungsweisende Entscheidungen nötig, damit es zu einem Jamaika-Bündnis kommen kann. Sollten die Differenzen bei den Beratungen unter Federführung von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hier nicht zu überbrücken sein, droht ein Scheitern der Verhandlungen. Dann käme es womöglich zu Neuwahlen.
Steinmeier: Moral aus der Migrationsdebatte verbannen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte der "Welt am Sonntag", er könne sich nicht vorstellen, dass die Unterhändler ernsthaft das Risiko von Neuwahlen heraufbeschwören wollten. Über die Debatte zum Umgang mit Flüchtlingen und Zuwanderern sagte er: "Wir werden diese Phase nicht überwinden, solange die Migrationsdebatte moralisches Kampfgebiet bleibt." Die Politik müsse jetzt Vorschläge für eine kontrollierte und gesteuerte Zuwanderung entwickeln.
Die Jamaika-Verhandlungen waren nach einem Misserfolg in der Nacht zu Freitag in die Verlängerung gegangen. Die Unterhändler vereinbarten einen Zeitplan bis Sonntagabend. Dann soll eine Entscheidung darüber fallen, ob die Unterhändler offizielle Koalitionsverhandlungen für möglich halten.
uh/cw (dpa, rtr)