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Kenia will Klimaschutz made in Africa

1. September 2023

Mit dem Africa Climate Summit vom 4. bis 6. September will Kenias Präsident William Ruto den Kontinent auf Erneuerbare Energien polen. Und vor allem Kenia als Vorreiter beim Kampf gegen den Klimawandel positionieren.

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Kenianische Studentin arbeitet an Solaranlage
Eine Studentin der Strathmore-Universität in Kenias Hauptstadt Nairobi arbeitet an einer SolaranlageBild: Thomas Imo/photothek/IMAGO

Innocent Tshilombo hat einen weiten Weg hinter sich. Als Flüchtling verließ er 2009 die ostkongolesische Stadt Goma, und erreichte über Uganda das Flüchtlingscamp Kakuma im Nordwesten von Kenia.

Dort blieb er viele Jahre - doch die Zustände in dem abgelegenen 200.000-Einwohner-Camp ließen ihm keine Ruhe. "Menschen in ländlichen Gebieten kommen bei staatlichen Leistungen oft zu kurz - etwa was Straßen, Telekommunikation und das Internet angeht", sagt Tshilombo der DW.

Entschlossen, die Verhältnisse zu ändern, gründete er Kakuma Ventures und begann, Solarpanels zu installieren und WLAN-Hotspots einzurichten: Grüne Energie als Schlüssel zur Entwicklung.

Mit Erfolg: "Der Modellversuch, den wir in Kakuma gestartet haben, hat nachweislich die Situation von Flüchtlingen und der lokalen Bevölkerung verbessert", sagt Tshilombo.

Das Projekt wurde ausgezeichnet, konnte internationale Gelder eintreiben. Tshilombo selbst lebt inzwischen in Kenias Hauptstadt Nairobi.

"Von Afrikanern für Afrikaner"

Dort wird er in der kommenden Woche vom 4. bis 6. September am Africa Climate Summit teilnehmen: Eine Chance, um mehr über Finanzierungsmöglichkeiten für saubere Energie zu erfahren. Wichtig für ihn: Auch kleinere Unternehmen müssen hier zum Zuge kommen.

Erster Afrikanischer Klimagipfel in Kenia eröffnet

Am Kenyatta International Conference Center laufen unterdessen die letzten Vorbereitungen für den afrikanischen Klimagipfel und die parallel dazu stattfindende Africa Climate Week (4.9. bis 8.9.). Für Kenias Präsident William Ruto ist die Konferenz - die erste ihrer Art, ko-organisiert von der Afrikanischen Union (AU) - ein politisches Vorzeigeprojekt.

Zahlreiche afrikanische Staats- und Regierungschefs haben schon zugesagt, auch Führer aus anderen Weltregionen werden erwartet - neben mehr als 13.000 Delegierten und zahlreichen Beobachtern. Es solle ein Gipfel "von Afrikanern für Afrikaner" werden, sagte Ruto im Vorfeld.

Noch in seinem ersten Amtsjahr kann der Präsident, der auch dem Komitee afrikanischer Staats- und Regierungschefs zum Klimawandel vorsteht, seine und Kenias Führungsrolle untermauern: Schon jetzt deckt das Land 90 Prozent seines Strombedarfs aus Erneuerbaren Energien wie Geothermie, Wind- und Wasserkraft.

Der keniansiche Präsident William Ruto in Südafrika (Foto: Ihsaan Haffejee/AA/picture alliance)
Kenias Präsident William Ruto gefällt sich in der Rolle des Klima-Retters - hier bei einem Klimagipfel im Mai in SüdafrikaBild: Ihsaan Haffejee/AA/picture alliance

Als Höhepunkt will Gastgeber Ruto am Mittwoch eine Erklärung einbringen, die den neuen Kurs unterstreichen soll. Er hoffe, dass die "Nairobi-Deklaration" angenommen werde, sagt auch Niclas Svenningsen, der für das Rahmenabkommen der Vereinten Nationen zum Klimawandel (UNFCCC) arbeitet.

Auf der Suche nach einem neuen Narrativ

Das UNFCCC und andere internationale Organisationen richten federführend die parallel stattfindende Africa Climate Week aus, die im Sinne Afrikas die Vorarbeit zum Weltklimagipfel Ende des Jahres in Dubai leisten soll.

Auch hierfür soll die Nairobi-Deklaration Impulse liefern. "Die Erklärung zeichnet ein neues Narrativ, wie Afrika verschiedene Herausforderungen im Blick auf Natur, Energie, Finanzen, Transport und andere sehr praktische Fragen in einem afrikanischen Kontext angehen will."

"Afrika ist ein sehr grüner, sehr junger Kontinent", sagt Svenningsen. "Die Bevölkerung wird sich in den nächsten 30 Jahren verdoppeln und die Infrastrukturentwicklungen und Investitionen werden sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren abspielen."

Jetzt sei das Momentum da, dass Afrika in die globalen Bemühungen des Klimaschutzes einbezogen werde. Zudem verspreche der Gipfel durch die rege Teilnahme von Staats- und Regierungschefs, sehr politisch zu werden - jetzt, wo es ganz besonders darum gehe, endlich die Klimaziele aus Paris in die Tat umzusetzen.

NGOs hinterfragen Rutos "afrikanische Führung"

Auch Florence Gichoya wird am Rahmenprogramm des Klimagipfels teilnehmen. Sie vertritt die international agierende Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen für den Zugang zu Sauberen Energien - kurz "Access Coalition" - mit Sitz in Nairobi. Doch ihr Ton ist gedämpft: "Hoffnungsvoll, aber nicht optimistisch" beschreibt sie ihre Gemütslage vor dem Treffen.

"Wir sind sehr gespannt, zu erfahren, was der Inhalt der Erklärung sein wird. Organisationen der Zivilgesellschaft waren in diese Diskussionen nicht eingebunden", kritisiert Gichoya und fragt: "Wird es widerspiegeln, was Afrika will? Wird es Antworten auf die Bedarfe an sauberer Energie in Afrika liefern?"

Präsident Ruto und seine Klimaministerin Soipan Tuya hatten sich vorab massive Kritik anhören müssen. Denn um dem Image des Bittstellers entgegenzuwirken, hatte Kenia intensiv für Investitionen und für Steuern auf fossile Energien, Luft- und Seefahrt geworben.

Entlastung für Industrieländer?

"Wir wollen bezahlen. Wir wollen nicht, dass irgendjemand für uns zahlt", ließ sich Ruto zitieren. Manche fürchten nun, dass damit der Druck auf die Industrieländer sinkt, für die Folgen des Klimawandels aufzukommen, die sie zu großen Teilen verantworten - bestimmendes Thema der COP27 in Sharm-el-Sheikh im vergangenen November.

Holzeinschlag in Kenia und die Folgen

Nicht zuletzt hatte für Unmut gesorgt, dass Kenia die US-amerikanische Unternehmensberatung McKinsey mit ins Boot geholt hatte, die sich um den Emissionshandel verdient gemacht und auch die Africa Carbon Markets Initiative mit entworfen hatte.

McKinsey und andere Akteure würden dem Gipfel eine pro-westliche Agenda geben, schreiben über 500 zivilgesellschaftliche Organisationen in einem offenen Brief. Die Führung afrikanischer Verantwortlicher und Minister gerate so ins Hintertreffen.

Klimawandel im lokalen Kontext

Bei aller Kritik an der Umsetzung: Im Kern stimmt Florence Gichoya dem Anspruch Rutos zu, einen Gipfel "von Afrikanern für Afrikaner" auf die Beine zu stellen. "Wir können nicht warten, dass andere tun, was in Afrika getan werden muss", sagt die Vertreterin der "Access Coalition".

Die Botschaften und auch die Finanzierung müssten aus Afrika kommen, um nachhaltige Lösungen zu finden: "In Afrika wissen wir, wo die Herausforderungen liegen und worin die Lösungen bestehen."

DW Akademie | Flüchtlinge | Kakuma (Foto: Laura Wagenknecht/DW)
Entlegene Orte wie das Kakuma-Flüchtlingscamp einzubinden ist Teil der afrikanischen RealitätBild: Laura Wagenknecht/DW

Niclas Svenningsen vom UNFCCC zeigt sich im DW-Gespräch überzeugt, dass der Gipfel und die Klimawoche die Grundlage dafür legen werden: "Wenn wir nächste Woche zusammensitzen, werden wir über Klimawandel im Kontext der lokalen Realitäten in Afrika reden."

Mitarbeit: Reuben Kyama