Knapper Sieg für Rot-Grün
21. Januar 2013SPD und Grüne haben die Landtagswahl am Sonntag in Niedersachsen knapp für sich entscheiden können. Wie die Landeswahlleitung in Hannover nach Auszählung aller Wahlkreise mitteilte, erreicht das rot-grüne Lager eine Mehrheit von einem Sitz im neuen Landtag in Hannover. Nach dem vorläufigen Endergebnis stellen SPD und Grüne zusammen 69 Abgeordnete, CDU und FDP 68 Parlamentarier. Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Stephan Weil (Artikelbild), kündigte die Bildung einer Koalition mit den Grünen an. Eine Mehrheit von einem Sitz sei ausreichend, sagte der bisherige Oberbürgermeister von Hannover.
Mit der Niederlage von Ministerpräsident David McAllister und seiner Koalition verliert die CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel einen weiteren Regierungschef in einem alten Bundesland. Durch den Sieg in Niedersachsen haben SPD und Grüne zudem eine eigene Mehrheit im Bundesrat gewonnen und können Merkel damit über die Länderkammer das Regieren schwer machen. Von der Wahl in Niedersachsen hatten sich alle Parteien Rückenwind für die Bundestagswahl im Herbst erwartet. Die Abstimmung im zweitgrößten Flächenland mit 6,1 Millionen Wahlberechtigten galt als wichtiger Stimmungstest. Vor dem Bundestag wird nur noch in Bayern ein neuer Landtag gewählt.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis verlor die CDU im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren 6,5 Punkte, bleibt aber mit 36,0 Prozent stärkste Kraft, gefolgt von der SPD, die sich auf 32,6 Prozent (plus 2,3 Punkte) verbesserte. Die Grünen erzielten mit 13,7 Prozent (plus 5,7), ihr bisher bestes Ergebnis in Niedersachen. Dies gilt auch für die FDP, die von 8,2 auf 9,9 Prozent zulegte. Die Linke schaffte den Wiedereinzug in den Landtag nicht. Auch die Piraten scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Mit Überhang- und Ausgleichsmandaten ergibt sich im künftigen Landtag folgende Sitzverteilung: CDU: 54; SPD: 49; Grüne: 20; FDP: 14. Die Wahlbeteiligung stieg leicht auf knapp 60 Prozent.
In Konkurrenz zu SPD-Mann Weil beanspruchte McAllister die Regierungsbildung für sich und erklärte: "Wenn es nicht reicht für eine Fortsetzung des Bündnisses von CDU und FDP, würden wir als stärkste Kraft mit allen politischen Parteien Gespräche führen. Natürlich auch mit der SPD." Chancen werden diesem Vorstoß nicht eingeräumt. Der CDU-Politiker hatte die Landesregierung 2010 nach der Wahl seines Vorgängers Christian Wulff zum Bundespräsidenten übernommen.
Röslers Befreiungsschlag
Die FDP, der laut Umfragen vor der Wahl das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde drohte, hatte im Wahlkampf massiv um Zweitstimmen von CDU-Wählern geworben, nach Analysen von Wahlforschern mit Erfolg. Rund 100.000 Wähler seien von der CDU zu den Freien Demokraten gewandert. Dieser FDP-Erfolg wird dem angeschlagenen Parteichef Philipp Rösler nach Ansicht von Beobachtern deutlich Luft verschaffen. Der Bundeswirtschaftsminister verkündete mit Blick auf die Bundestagswahl selbstbewußt: "Das Rennen hat jetzt erst angefangen. Die Freien Demokraten werden jetzt loslegen."
Aufatmen kann auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der seit Wochen wegen seiner Nebenverdienste und Äußerungen zum Kanzlergehalt in der Kritik steht und in den Umfragen abgestürzt ist. Steinbrück räumte ein, dass es aus Berlin keine Unterstützung für Hannover gegeben habe. "Es ist mir auch bewusst, dass ich maßgeblich dafür eine gewisse Mitverantwortung trage", erklärte der ehemalige Bundesfinanzminister. Der Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, wertete das niedersächsische Ergebnis als klares Signal für den Herbst. "Wenn uns das bei der Bundestagswahl gelingt, genau so viel dazu zu gewinnen, und die anderen so viel verlieren, dann war es das mit Schwarz-Gelb." Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Merkel äußerte sich am Wahlabend nicht.
wl/sti (dpa, afp, dapd, rtr),