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Weiße Helme gegen die Katastrophe?

Jan-Philipp Scholz11. April 2015

Bei ihrem Besuch in Liberia warben deutsche Minister für die Idee einer "Weißhelm-Truppe", Mediziner für Katastrophenregionen. Eine gute Idee, meint Jan-Philipp Scholz - allerdings hat sie einen kleinen Haken.

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Afrika Ebola in Guinea (Symbolbild)
Bild: picture-alliance/dpa/K. Palitza

Die Weltgemeinschaft hat bei der Ebola-Epidemie in Westafrika versagt. Dieser schlichten Analyse dürfte wohl inzwischen kaum jemand mehr widersprechen. Viel zu langsam, viel zu zaghaft lief im vergangenen Jahr die internationale Hilfe an, als sich bereits abzeichnete, welch verheerende Folgen die Seuche für Liberia, Sierra Leone und Guinea hatte. Umso panischer fielen die Reaktionen aus, als die ersten Fälle auf einmal auch in Europa und den USA auftraten. Plötzlich schien Ebola nicht nur alt-bekannte "Katastrophen-Länder" zu bedrohen, die man - wenn überhaupt - nur aufgrund von Bürgerkriegen, Blutdiamanten und verrückten Diktatoren aus den Medien kannte. Nein, plötzlich schien die ganze Welt am Rande des Abgrunds zu stehen.

Kleinliche Kritik an Namensgebung

Die Weltgemeinschaft reagierte: Neue Isolierstationen für Ebola-Patienten entstanden. Impfstoffe, deren Erforschung im Normalfall Jahre dauert, wurden im Schnellverfahren getestet - mit vielversprechenden Ergebnissen. Und die Anstrengungen zeigten Erfolge: Die Zahl der Ebola-Neuinfektionen nahm immer weiter ab, auch wenn die Seuche bis heute nicht besiegt ist. Gleichzeitig begann die Aufarbeitung der Katastrophe: Die deutsche Bundesregierung erstellte einen klugen Sechs-Punkte-Plan, um in Zukunft besser auf ähnliche Krisen vorbereitet zu sein. Es wurden zusätzliche Gelder zur Stärkung der Gesundheitssysteme in bedrohten Staaten angekündigt. Vor allem sollte aber ein Kontingent medizinischen Personals aufgebaut werden, das in Notfallsituationen schnell reagieren kann.

Im Herbst 2014 konkretisierte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch in Westafrika den Plan: Eine "Weißhelm-Truppe" solle entstehen: Mediziner, die innerhalb weniger Tage für den Einsatz in Krisengebieten bereit stehen. Der Name stieß bei einigen Hilfsorganisationen auf Ablehnung: Weißhelme, klingt das nicht zu sehr nach Blauhelme? Könnten Betroffene die humanitären Helfer da nicht mit dem militärischen Personal der UN verwechseln? Eine verkopfte, kleinliche, überflüssige Kritik. Im Notfall dürfte es Kranken herzlich egal sein, wie ihre Retter sich nennen und welche Kopfbedeckung sie eventuell tragen!

Jan-Philipp Scholz
Jan-Philipp Scholz, DW-Korrespondent in Lagos, NigeriaBild: DW/M. Müller

Auch die Kritik, dass es natürlich auch auf eine Stärkung der lokalen Gesundheitssysteme ankomme, ist zu kurz gegriffen. Das eine soll ja nicht gegen das andere ausgespielt werden. Und selbst gut entwickelte Gesundheitssysteme können bei einer Epidemie wie Ebola an ihre Grenzen stoßen, wie wir bei den Fehlern, die bei den in Spanien und den USA aufgetretenen Fällen gemacht wurden, gesehen haben. Nein: Die Weißhelm-Initiative ist begrüßenswert - und ihr plakativer Name ist eher förderlich als hinderlich. Aber welche Fortschritte gab es im letzten halben Jahr auf dem Weg zu ihrer Umsetzung?

Lehren mit kurzem Haltbarkeits-Datum

Auf ihrer aktuellen Reise nach Ghana und Liberia gaben der deutsche Gesundheitsminister Hermann Gröhe und sein Kollege aus dem Entwicklungsressort, Gerd Müller die Antwort - wenn auch nur indirekt: Eine "Weißhelm-Truppe“" solle aufgebaut werden, so die "Neuigkeit", die die Minister zu verkünden hatten. Mediziner sollten innerhalb weniger Tage für den Einsatz in Krisengebieten bereit stehen. Zur Not wolle Deutschland auch im Alleingang vorausgehen. Das heißt konkret: Mit der Umsetzung der Idee ist man in den vergangenen sechs Monaten auf europäischer und internationaler Ebene kaum einen Schritt vorangekommen.

Es ist ein altbekannter Mechanismus: Die Weltgemeinschaft zeigt sich im Angesicht ihres eigenen Versagens erschüttert. Es werden Lehren gezogen, kluge Ideen entwickelt. Doch in ähnlicher Geschwindigkeit, wie das Thema vom Aufmacher der Nachrichten zur Randnotiz wird, wandert es auf der Liste der Tagesordnungspunkte von Ministertreffen auf die hinteren Plätze. Denn es gibt immer neue Krisen, die sich in den Vordergrund drängen: Inzwischen dreht sich alles um den Ukraine-Konflikt, die internationalen Terror-Bedrohungen, die Luftfahrtsicherheit.

Lehren aus Katastrophen haben offensichtlich kurze Halbwertszeiten. Und die Umsetzung guter Ideen zeigt sich einmal mehr im Tagesgeschäft als äußerst mühsam. So muss man kein Schwarzseher sein, um sich ein Szenario vorzustellen, bei dem ein Minister nach der nächsten Seuche bei einer Reise in die betroffene Region der Öffentlichkeit eine gute Idee präsentiert: den Aufbau einer "Weißhelm-Truppe". Mediziner, die innerhalb weniger Tage für den Einsatz in Krisengebieten bereitstehen.

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