"Mein Einsatz": Mirko Gläser sucht das Miteinander
1. Dezember 2015Autoren, Musiker, Künstler, Theaterleute – viele sehen sich als Bürger dieser Welt und nutzen ihre Popularität, um zur Solidarität mit Flüchtlingen aufzurufen, Spenden zu sammeln oder aufkeimenden Rassismus zu kritisieren. Woher kommt ihr Engagement? Drei Fragen, drei Antworten: unsere DW-Serie "Mein Einsatz".
DW: Wie setzen Sie sich für Flüchtlinge ein?
Mirko Gläser: Einerseits durch den Verkauf von Benefiz-Produkten: Unsere Single der Band "KMPFSPRT" mit dem Titel "Die Welt Kann Mich Nicht Mehr Verstehen" samt dazugehörigem Benefiz-Merchandising brachte innerhalb weniger Wochen über 2000 Euro Spendengeld für ProAsyl ein.
Andererseits durch gemeinsame Aktionen: Auf einigen unserer Veranstaltungen bieten wir Kochgruppen an, in denen Fans und junge Geflüchtete gemeinsam Zeit verbringen, Essen für die Musiker zubereiten – häufig aus den Herkunftsländern der Jugendlichen. Beim Humus-Rühren können Freundschaften geknüpft werden. Meine Erfahrung zeigt: Geflüchtete zum Beispiel durch freien Eintritt auf Konzerten dabei sein zu lassen, ist ein gut gemeinter erster Schritt. Ihnen aber eine aktive Teilhabe an unserer Szene – sprich in unsere Mitte – zu bieten und über gemeinschaftliche Aktivitäten Kontakt zu Deutschen zu schaffen, hilft ihnen bei der Alltagsintegration noch viel mehr.
Als Punkrock-Label arbeiten wir bei Uncle M nach dem Vorsatz, dass unsere Szene "mehr als Musik" bieten soll. Gerade bei Veröffentlichungen und bei Konzerten mit einer jungen Zielgruppe zeigen wir den Besuchern und Fans immer Gründe und Möglichkeiten auf, wie sie sich innerhalb der Community für Schwächere engagieren können.
Warum tun Sie es?
Die Stimmung in Deutschland ist mir persönlich in vielen Momenten zuwider, aber ich kann das große Ganze nicht verändern, sondern lediglich Einfluss auf mein direktes, nahes Umfeld nehmen. Unser Engagement für Flüchtlinge (aber auch für andere Themen wie Tierschutz oder Entwicklungshilfe) verstehe ich als eine Form des zivilen Ungehorsams: Wir hebeln vermeintliche Gesetzmäßigkeiten aus, wir schaffen und erhalten eine Musik-Szene, in der Intoleranz und Ausgrenzung keinen Platz haben sollen. Punkrock soll und muss eine musikalische Nische bleiben, in der wir der Gesellschaft zeigen, dass es auch anders als mit Ellenbogen geht!
Was möchten Sie damit bewirken?
Im Alter von 14 Jahren wurde ich selbst in einer Musikcommunity mit Werten konfrontiert, die auch heute noch in meiner persönlichen Lebensweise fest verankert sind: Respekt, Toleranz, friedlicher Protest, Miteinander. Ohne meine durch und durch positive Prägung wäre ich heute ein anderer Mensch. Diesen "Fackelstab" nun an eine jüngere Generation weiterzugeben, verstehe ich als großes Privileg.
Mirko Gläser arbeitete als PR-Agent, Marketing Manager und Booker für zahlreiche bekannte Szene-Labels und Bands: Dazu zählen unter anderem das amerikanische Punkrock-Label SideOneDummy sowie die Künstler The Gaslight Anthem, Anti Flag, Hot Water Music, Flogging Molly oder Lagwagon. 2011 gründete er das das Punkrock und Alternative Label Uncle M Records in Münster, das inzwischen viele bekannte Bands der Szene wie KMPFSPRT, Idle Class und Apologies, I Have None unter Vertrag hat. Die Künstler von Uncle M transportieren mit ihrer Musik eine gesellschaftliche und politische Botschaft, für die sie sich oft auch praktisch engagieren.