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Mezzosopranistin Christa Ludwig ist tot

Klaus Gehrke
25. April 2021

Musikkritiker schwärmten von der Schönheit ihrer Stimme. Christa Ludwig bezauberte ihre Zuhörer leidenschaftlich. Im Alter von 93 Jahren ist sie gestorben.

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Christa Ludwig
Christa Ludwig im Jahr 2013 an ihrem 85. GeburtstagBild: Georg Hochmuth/APA/picturedesk.com/picture alliance

Auf der Bühne verkörperte sie den ungestümen jugendlichen Liebhaber ebenso grandios wie die mutige Gattin, die um ihren Ehemann kämpft: Die raffinierte Verführerin oder die unglücklich Liebende.

Jede ihrer zahllosen Rollen füllte Christa Ludwig mit einer unglaublichen Präsenz und Intensität aus: Sie lebte die Charaktere, die sie darstellte. Doch neben ihrem ausgefeilten Spiel begeisterte die Mezzosopranistin vor allem durch ihre Stimme, die der gefürchtete Kritiker Joachim Kaiser als eine der "allerschönsten im ganzen Land" bezeichnete.

Unterricht bei der Mutter

Eigentlich hatte sie sich immer ein ganz normales Leben gewünscht - doch das Schicksal wollte es anders. Denn der Gesang war Christa Ludwig, die am 16. März 1928 in Berlin geboren wurde, quasi in die Wiege gelegt worden: Der Vater Anton Ludwig sang als Tenor und leitete später als Generalintendant das Aachener Stadttheater, und die Mutter Eugenie Ludwig-Besalla feierte als Altistin internationale Erfolge. Bei ihr erhielt Christa Ludwig den ersten Gesangsunterricht; später studierte sie unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges an der Musikhochschule in Frankfurt am Main.

Christa Ludwig | Oper "Rosenkavalier" (1968)
1968 sang sie die Maschallin in der Oper "Rosenkavalier" in der Wiener StaatsoperBild: IMAGNO/Votava/picture alliance

Am dortigen Opernhaus debütierte die gerade 18-Jährige als Prinz Orlowsky in Johann Strauß" Operette "Die Fledermaus". An den Bühnen in Frankfurt, Darmstadt und Hannover studierte Christa Ludwig bis zur Mitte der 1950er Jahre etliche Rollen ein und sammelte dabei wichtige Erfahrungen.

Wiener Staatsoper machte sie international bekannt

Dann erhielt die junge Sängerin ein geradezu einmaliges Angebot: Die Wiener Staatsoper holte sie in ihr legendäres Ensemble. Damit startete Christa Ludwig ihre internationale Karriere: Ab diesem Zeitpunkt war sie regelmäßiger Gast bei den Salzburger Festspielen und debütierte bis 1959 an vielen bedeutenden europäischen Opernhäusern und an der New Yorker Metropolitan Opera. Ein Jahr später sang Christa Ludwig erstmals an der Mailänder Scala - wie an den anderen Bühnen zuvor mit grandiosem Erfolg. Auch hier feierte das Publikum den puren Wohlklang ihrer Stimme mit schimmernden und seidig glänzenden Farbnuancen sowie die unglaubliche Intensität des Gesangs, den die Mezzosopranistin scheinbar mühelos präsentierte.

Diva ohne Allüren

In den 1960er Jahren zählte Christa Ludwig zu den bedeutendsten Sängerinnen ihres Faches - und sorgte weniger mit ihrem Privatleben als vielmehr mit ungewöhnlichen Partien für Schlagzeilen: So wirkte sie unter anderem auch in zeitgenössischen Werken mit und interessierte sich zunehmend für das hochdramatische Sopranfach.

Christa Ludwig | Oper "Fidelio" (1968)
Christa Ludwig als Leonore in der Oper "Fidelio" bei den Salzburger Festspielen 1968Bild: Gerhard Rauchwetter/picture alliance

Zu ihren Paraderollen bei den Bayreuther Wagner-Festspielen gehörten neben der Brangäne und der Ortrud auch die Kundry im "Parsifal". In Konzerten sang Christa Ludwig zuweilen auch "Isoldes Liebestod" oder "Brünhildes Schlussgesang" aus der "Götterdämmerung". Darüber hinaus war sie auf der Bühne im italienischen Fach beispielsweise als Lady Macbeth zu erleben.

"Ein schrecklicher Beruf"

Nicht nur in der Oper wurde die Mezzosopranistin gefeiert; auch als Konzertsängerin, etwa in Verdis "Requiem", Mahlers "Lied von der Erde" oder in zahllosen Liederabenden begeisterte Christa Ludwig regelmäßig ihr Publikum. Gleichzeitig wirkte sie in Schallplattenproduktionen mit, die bis heute Referenz-Charakter haben – etwa die Einspielung von Beethovens Oper "Fidelio" unter Otto Klemperer, bei der sie die Leonore sang.

Ihren Beruf sah die Sängerin rückblickend mit durchaus ambivalenten Gefühlen: "Ich würde nie wieder Sängerin werden wollen", erzählte Christa Ludwig zu ihrem 80. Geburtstag in einem Interview. "Der Beruf ist eigentlich schrecklich. Von Anfang an weiß man, wann Ende ist. Wenn man endlich reif und tief ist, ist die Stimme weg oder wackelt."

Singen für sich

Auch wenn ihr Beruf praktisch kein normales Familienleben zuließ - ihre erste Ehe mit dem Bassbariton Walter Berry ging nach elf Jahren in die Brüche. Mit ihm hatte sie einen Sohn. Christa Ludwig hat ihren Beruf vor allem aus einem Grund geliebt: "Das Schöne ist daran, man ist nie mit der Wirklichkeit konfrontiert. Wir leben in einer irrationalen Welt, und das ist schön."

Hermann Prey mit Christa Ludwig 1965 in Salzburg
Christa Ludwig mit Hermann Prey 1965 in Mozarts "Cosi fan tutte" in SalzburgBild: Getty Images

Fast 50 Jahre nach ihrem Debüt nahm die Sängerin am 14. Dezember 1994 in Wien ihren Abschied von der Opernbühne. Zahllose Ehrungen wurden ihr zuteil: Bereits 1962 erhielt sie den Titel "Kammersängerin", wurde unter anderem zum Kommandeur der französischen Ehrenlegion ernannt und ist Trägerin des Großen Bundesverdienstkreuzes. Doch mehr als alle Orden zeugen die vielen Aufnahmen von der einzigartigen Gesangskunst Christa Ludwigs. Nach dem Erfolgsrezept für ihre Karriere befragt, antwortete sie: "In erster Linie singt man für sich selbst." Jetzt ist Christa Ludwig im Alter von 93 Jahren in ihrer Wahlheimat Klosterneuburg bei Wien verstorben.