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Angst vor Kontrollverlust

7. Mai 2008

Birmas Regierung bremst nach dem katastrophalen Wirbelsturm internationale Hilfsangebote ab und blockiert die Einreise von Rettungskräften. Im Land fehlt es an Lkws, Booten und Benzin, um die Hilfen bereitzustellen.

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Ein zerstörtes Boot in Yangon, Quelle: AP
Ein zerstörtes Boot in YangonBild: AP
Ein NASA-Satellitenfoto des Zyklons "Nargis", Quelle: AP
Ein NASA-Satellitenfoto des Zyklons "Nargis"Bild: picture-alliance / dpa

Mit jedem Tag mehr werden die dramatischen Folgen des verheerenden Zyklons in Birma sichtbarer: Die offizielle Zahl von bisher 22.000 Todesopfern könnte am Mittwoch (07.05.2008) weiter steigen, wenn die zerstörten Küstenregionen nach und nach abgesucht werden. Am Dienstagabend wurden noch 41.000 Menschen vermisst. Wie viele davon tot unter den Trümmern der eingestürzten Häuser, unter umgewehten Bäumen oder in den Wassermassen liegen, lässt sich noch nicht erahnen.

Straßen voller Leichen

Helfer berichteten dem BBC-Programm für Birma nach einem ersten Hubschrauberflug über das schwer betroffene Irrawaddy-Delta von unzähligen Toten in den Straßen. "Überall Leichen, die Straßen sind voll", berichtete Tin Htar Swe, die Leiterin des BBC-Programms für Birma, im Fernsehen. Sie hat mit Helfern und Betroffenen gesprochen. "Sie irren wie gelähmt durch die Straßen und sehen nur Tote. Der Zyklon war am Samstag mit einer drei Meter hohen Flutwelle herangewalzt.

Ein umgestürzter Baum in Yangon, Quelle: AP
Ein umgestürzter Baum in YangonBild: picture-alliance/ dpa

Die internationale Hilfsorganisation ActionAid geht von mindestens 27.000 Todesopfern aus. Sie berichtete von "mehr als 60 Dörfern, die von dem Zyklon völlig weggefegt worden sind". Nach Angaben der Vereinten Nationen aus Genf sind 24 Millionen Menschen von der Katastrophe betroffen - das ist rund die Hälfte der Bevölkerung. Überall fehle es an Zelten, Decken, Medikamenten, Trinkwasser und Nahrungsmitteln.

Helfer sitzen in Thailand fest

Zwar hat das Militärregime um internationale Hilfe gebeten, doch nach Angaben der UN saßen im Nachbarland Thailand zahlreiche Helfer fest, weil sie kein Visum bekamen. Der Leiter Asien des Malteser Hilfsdienstes, Roland Hansen, kritisierte die massive Behinderung der Hilfsorganisationen. "Wir dürfen nicht in die hauptbetroffenen Gebiete in der Region Irrawady- Flussdelta hinein. Das wird auch von der UNO beklagt. Wir können nur hoffen, dass sich dort etwas ändert und wir auch dort ein Team hinschicken können", sagte er am Mittwoch dem deutschen Fernsehsender ZDF. Jetzt erwarte der Hilfsdienst die Gruppe zurück, die erste Bedarfserhebungen zu medizinischer Soforthilfe und für die Wasserversorgung gemacht habe.

Die Versorgung mit sauberem Wasser ist eines der Hauptprobleme, Quelle: AP
Die Versorgung mit sauberem Wasser ist eines der HauptproblemeBild: AP

In Birma werde jeder Schritt außerhalb der Hauptstadt kontrolliert, erklärte Jansen. Auch würden von der Militärregierung sogar bereits erteilte Genehmigungen für die internationalen Mitarbeiter unerwartet wieder entzogen. Die lokalen Mitarbeiter könnten unbehelligt arbeiten, berichtete Hansen. "Die Genehmigungen für internationale Helfer sollten aber schneller erteilt werden." Auch vonseiten der Bevölkerung stehe die Militärregierung nun unter Druck. "Bei einer solch großen Katastrophe ist die Regierung allein sicherlich überfordert", sagte Hansen. Die allgemein sehr schlechte Gesundheitsversorgung in Birma werde "nun noch einmal zugespitzt" durch die Lage in den Katastrophengebieten. Hansen rechnet mit einem hohen Geldbedarf für die nächsten drei Jahre.

US-Marine wartete auf Einreisegenehmigung

Vor der Küste Thailands warten vier Schiffe der US-Marine auf die Einreisegenehmigung. Nach Angaben des Pentagons vom Dienstag befindet sich unter dem Rettungsteam auch ein Amphibienschiff mit 23 Helikoptern, drei Landungsbooten und insgesamt 1800 Marinesoldaten. Ungeachtet der noch ausstehenden Reaktion Birmas auf Hilfsangebote der USA planten das Verteidigungs- und das Außenministerium eine humanitäre Rettungsaktion. "Einen Plan aufzustellen ist momentan alles, was wir tun können. Wir haben noch immer keinen Hilfeaufruf seitens der Regierung in Birma", sagte Pentagon-Sprecher Geoff Morrell in Washington.

Überflutete Felder
Überflutete FelderBild: AP

Hilfsaktionen aus der ganzen Welt liefen jedoch langsam an. Um die Hilfen zu koordinieren, werden sich die UN und ihre in Birma vertretenen Unterorganisationen am Mittwoch in der Wirtschaftsmetropole Rangun mit Helfern anderer Nicht-Regierungsorganisationen treffen. Dabei sollen nach Angaben der Hilfsorganisation ADRA die Einsatzgebiete und Aufträge in dem verwüsteten Land systematisch verteilt werden. ADRA gehört der "Aktion Deutschland Hilft" an, in der zehn große Hilfsorganisationen vertreten sind. Verschiedene Organisationen sind bereits seit Jahren in dem südostasiatischen Land im Einsatz.

In den Startlöchern

Noch sei die Organisation der Nothilfe "ein logistischer Alptraum", da es überall an Booten und Lastwagen fehle, sagte ein Sprecher der britischen Hilfsorganisation Save the Children. Das Benzin werde knapp.

In Deutschland standen die ersten Helfer von "Aktion Deutschland Hilft" in den Startlöchern. Thailand flog am Dienstag Medikamente und andere Hilfsmittel im Wert von knapp 200.000 Euro nach Birma. China liefert Güter im Wert von 640.000 Euro. Großbritannien stellt fünf Millionen Pfund (rund 6,3 Millionen Euro) für die Opfer bereit. Indien schickte zwei Marineschiffe und zwei Flugzeuge mit Hilfsgütern. Die EU, Deutschland, Frankreich, die USA und Indonesien boten Geld und Hilfe an.

Das Weiße Haus kündigte unterdessen eine zusätzliche Soforthilfe von drei Millionen Dollar an. Das Geld soll nach Angaben des Weißen Hauses zusätzlich zu den 250.000 Dollar, die die US-Botschaft in Birma bereitgestellt hatte, gegeben werden, sagte Sprecherin Dana Perino. "Wir appellieren an die birmanische Regierung, den humanitären Rettungsteams und Hilfsorganisationen ungehinderten Zugang zu den Katastrophengebieten zu verschaffen", fügte Perino hinzu. US-Präsident George W. Bush drängte die Militärjunta am Dienstag dazu, das Hilfsangebot seines Landes anzunehmen. "Lassen Sie die USA Ihnen und der Bevölkerung helfen", sagte Bush in Washington. (stu)

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