Mäßige Wahlbeteiligung in NRW
9. Mai 2010Trotz des erwarteten knappen Wahlausgangs sind in Nordrhein-Westfalen an diesem Sonntag (09.05.2010) vergleichsweise wenige Menschen zur Wahl gegangen. In Köln und Essen beispielsweise registrierten die Ämter bis 16.00 Uhr - also zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale - eine Quote von 46,7 Prozent beziehungsweise von 50,2 Prozent. Das waren knapp zwei Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren.
Dabei geht es im bevölkerungsreichsten Bundesland um viel: Die einzige große Wahl in diesem Jahr gilt nicht nur als wichtiger Stimmungstest für die schwarz-gelbe Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), sondern entscheidet auch über die Mehrheiten im Bundesrat. Sollten CDU und FDP in Düsseldorf abgewählt werden, hätte die Berliner Regierungskoalition in der Länderkammer keine Mehrheit mehr – die Opposition könnte dort dann Gesetzesvorhaben blockieren (siehe Link unten: Schicksalswahl in Nordrhein-Westfalen). Der Ausgang der Wahl gilt als völlig offen.
Wackelige Mehrheit im Bundesrat
Entsprechend dramatisch waren die Appelle in den letzten Wahlkampfkundgebungen - Spitzenpolitiker aller Parteien riefen den Urnengang zur bedeutenden Richtungswahl aus. CDU-Chefin Merkel und der FDP-Vorsitzende, Bundesaußenminister Guido Westerwelle, warnten am Samstag auf Kundgebungen ihrer Parteien vor einem rot-rot-grünen Bündnis. Merkel warf der SPD vor, sich nicht klar von einer Zusammenarbeit mit den Linken distanziert zu haben. Auch Westerwelle warnte vor einer möglichen Regierung aus SPD, Grünen und der Linkspartei: "Jeder, der für fünf Pfennig Verstand hat, sollte es nicht zulassen, dass dieses Land so weit nach links driftet", sagte er in Düsseldorf. Wenn das in Nordrhein-Westfalen begonnen werde, dann werde es auch im Bund ausprobiert.
NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), der die Koalition mit der FDP in einer zweiten Amtszeit fortsetzen möchte, verteidigte unterdessen die Beteiligung Deutschlands an der Griechenland-Hilfe. Ein stabiler Euro sei wichtig für Nordrhein-Westfalen und Deutschland. Welchen Einfluss die umstrittenen Milliardenhilfen für Griechenland auf die Entscheidung der Wähler haben, ist unklar.
SPD-Chef Sigmar Gabriel rief die Wähler am Freitagabend in Mülheim auf, den "schwarz-gelben Durchmarsch" unter anderem bei der Kopfpauschale zur Finanzierung der Krankenversicherung und Steuersenkungen im Bund zu stoppen. Er betonte, Aufgabe der Zukunft sei es, "Arbeitsplätze zu schaffen, ohne die Umwelt dabei zu zerstören". Inhaltlich sei dafür Rot-Grün die beste Koalition. Hannelore Kraft, die an der Spitze einer rot-grünen Koalition die erste Ministerpräsidentin in NRW werden will, zeigte sich bei ihrer letzten Kundgebung zuversichtlich, die SPD nach fünf Jahren in der Opposition zurück in die Regierung zu führen. "Wir werden es denen zeigen, wir werden gewinnen", sagte sie.
25 Parteien treten an
Für die Grünen waren die Parteichefs Claudia Roth und Cem Özdemir zusammen mit Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann bei mehreren Kundgebungen im Einsatz. Sie riefen dazu auf, den Einzug der Linkspartei in den Landtag zu verhindern. Gleichzeitig warnten sie vor einer großen Koalition. Das beste Mittel dagegen seien möglichst starke Grüne.
Die Linkspartei hat nach den Umfragen gute Chance, den Einzug in den Landtag zu schaffen. "Ich bin sicher: Wir kommen rein und verändern die Politik in NRW", sagte Parteichef Oskar Lafontaine in Köln. Die Linke sei bereit, sich an einer Landesregierung zu beteiligen, die im Bundesrat den Sozialabbau stoppe. Neben den etablierten Landtagsparteien CDU, SPD, Grüne und FDP sowie der Linken traten weitere 20 kleine Gruppierungen an wie die Piratenpartei, die Tierschutzpartei oder "Die Violetten".
Wegen des ungewissen Ausgangs haben sich die Parteien mehrere Koalitionsoptionen offen gehalten. Weder CDU noch SPD haben eine große Koalition ausgeschlossen. Die Grünen sind bereit, auch mit der CDU über ein Regierungsbündnis zu verhandeln. Die SPD hat eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei nicht ausgeschlossen, aber stets betont, die Linke sei nicht regierungsfähig. Lediglich die FDP hat sich festgelegt. Sie will nur mit der CDU regieren.
Vor fünf Jahren hatte die CDU 44,8 Prozent der Stimmen erreicht, die SPD 37,1 Prozent. FDP und Grüne kamen jeweils auf 6,2 Prozent. Insgesamt sind knapp 13,3 Millionen Bürger zur Stimmabgabe aufgerufen - so viele wie noch nie bei einer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.
Autor: Dеnnis Stutе (afp/apn/dpa/rtr)
Redaktion: Christian Walz