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NBA: Leonie Fiebich greift nach größtem Titel im Basketball

Mathias Brück
15. Oktober 2024

Die deutsche Basketballerin Leonie Fiebich hat es über einige Umwege in die stärkste Basketball-Liga der Welt geschafft. Nun ist sie ein wichtiges Puzzleteil auf dem Weg zum Ziel WNBA-Titel.

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Leonie Fiebich ballt die Faust im Trikot der New York Liberty
Leonie Fiebich greift mit den New York Liberty nach dem WNBA-TitelBild: Nathaniel S. Butler/NBAE/AFP/Getty Images

90 Sekunden vor dem Ende des zweiten Finalspiels der nordamerikanischen Basketball-Profiliga WNBA zwischen den New York Liberty und den Minnesota Lynx fasst sich Leonie Fiebich ein Herz. Ein kurzer Blick zum Korb, ein Wurf von der Dreipunktelinie, kurz darauf rauscht der Ball durchs Netz. New Yorks Vorsprung wächst wieder auf neun Punkte an, zum psychologisch wichtigen Zeitpunkt. "Crunch time", wie man in USA sagt.

Zuvor hatte ihr Team vor der Rekordkulisse von 18.040 Zuschauerinnen und Zuschauern fast eine Führung verspielt - wie im ersten Finalspiel, als New York einen zwischenzeitlichen 18-Punkte-Vorsprung noch hergegeben und in der Verlängerung 93:95 verloren hatte. Diesmal hatte Leonie Fiebich jedoch etwas dagegen und sorgte dafür, dass es nach zwei Spielen der WNBA-Finalserie 1:1 stand. Inzwischen steht es 2:2. Für den Meister-Titel sind drei Siege nötig, das entscheidende fünfte Spiel wird an diesem Sonntag (20. Oktober) in New York ausgetragen. 

Steiniger Weg in die WNBA

Der steile Aufstieg der Deutschen war vor der Saison keineswegs absehbar. Als Fiebich bei den New York Liberty debütierte, war sie ein unbeschriebenes Blatt, ein Nobody, dem bis dahin auch von den Gegnern wenig Beachtung geschenkt wurde. Ein großer Fehler, wie sich schnell herausstellen sollte. Fiebich nutzte ihren Freiraum immer öfter aus und wurde so ein wichtiger Teil ihrer Mannschaft.

"Am Anfang kannte mich keiner", sagte die 24-Jährige im Deutschlandfunk. "Das war ganz cool, ich konnte ein bisschen meine Stärken ausspielen. Niemand wusste, dass ich den Ball ganz gut werfen konnte." Mittlerweile steht die 1,93 Meter große Flügelspielerin im Rampenlicht und ist auf gutem Wege, bereits in ihrer ersten WNBA-Saison die Meisterschaft zu gewinnen. Die New York Liberty gelten als Favorit gegen die Minnesota Linx, und Fiebich ist Stammspielerin. 

Der Weg in die nordamerikanische Profiliga war für die deutsche Nationalspielerin alles andere als geradlinig. Bei ihrem Heimatverein DJK Landsberg spielte sie bereits im Alter von 14 Jahren - neben ihren Einsätzen im Nachwuchsbereich - auch für die erste Frauen-Mannschaft in einer der unteren deutschen Ligen. Vom kleinen beschaulichen Landsberg am Lech in Bayern in die Weltmetropole New York? "Ja das klingt nach einer guten Storyline, oder?" sagt Fiebich. "Aber es war ja nicht so. Ich hatte viele Stationen dazwischen. Die viele Arbeit, die darin steckt, war und ist schon sehr anstrengend."

Fiebich: "Sie hatten keine Verwendung für mich"

Fiebich spielte 2020 beim früheren deutschen Serienmeister TSV Wasserburg, als sich die Los Angeles Sparks die Rechte an ihr sicherten. Jedoch wurde sie in der Saison nicht ein einziges Mal eingesetzt und zu den Chicago Sky transferiert. Doch auch dort herrschte wortwörtlich Stille. Weder die Sparks noch Chicago versuchten auch nur, mit ihr Kontakt aufzunehmen. "Sie hatten wohl keine Verwendung für mich", sagte Fiebich vor einiger Zeit rückblickend. "Also haben sie sich so verhalten, als gehörte ich gar nicht dazu."

Statt in die WNBA führte ihr Weg zunächst über die französischen Ardennen und den Klub Les Flammes Carolo Basket zu den Warwick Senators im australischen Perth und schließlich nach Spanien zu Basket Saragossa. Zweimal in Folge wurde Fiebich als wertvollste Spielerin (MVP) der spanischen Liga ausgezeichnet, bevor der Ruf der New York Liberty folgte. 

Leonie Fiebich wirft einen Freiwurf im Trikot der deutschen Nationalmannschaft
Leonie Fiebich überzeugte auch im Dress der deutschen Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in ParisBild: Roger Buerke/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase kam die Deutsche immer besser in Fahrt und überzeugt mittlerweile bei ihrem dritten WNBA-Team auf ganzer Linie. Zuletzt wurde sie sogar ins All-Rookie Team der WNBA gewählt, ist also einer der fünf besten Neulinge in der US-Frauen-Profiliga. In der regulären Saison kam Fiebich auf einen sogenannten Plus-Minus-Wert von +7,0 pro Partie, sprich: ihr Team ist mit ihr auf dem Feld durchschnittlich sieben Punkte besser als die Gegnerinnen. "Ich habe mich hochgearbeitet, bin als Starterin in den Playoffs unterwegs", erzählte Fiebich gegenüber der ARD-Sportschau zufrieden. Schließlich gebe es in der WNBA "ganz viele" Europäerinnen, die "kaum Spielzeit kriegen".

Selbstlos und gelassen

Auch Mitspielerinnen und Trainerinnen zeigen sich begeistert ob der Leistungsexplosion der Deutschen, die auch im deutschen Nationalteam bei den Olympischen Spielen in Paris zu den stärksten Spielerinnen gehörte. Fiebich sei selbstlos, sagt Liberty-Star Breanna Stewart: "Sie macht wirklich alles, damit ihr Team eine Chance hat, zu gewinnen." Auch die dreimalige WNBA-All-Star-Spielerin Sabrina Ionescu schwärmt von Fiebich. "Sie ist wohl unsere beste Werferin", sagte Ionescu am Rande der WNBA-Finalserie. "Dass sie als Rookie so spielt und sich so in den Dienst der Mannschaft stellt, ist schon beeindruckend."

Leonie Fiebich (r.) und ihre Teamkameradin Nyara Sabally im Trikot der New York Liberty
Leonie Fiebich (r.) und Nyara Sabally könnten die zweiten deutschen WNBA-Champions werdenBild: Pamela Smith/AP Photo/picture alliance

New Yorks Trainerin Sandy Brondello schätzt vor allem Fiebichs Gelassenheit und ihre konstanten Leistungen. "Nichts bringt sie aus der Ruhe", sagte Brondello nach dem WNBA-Viertelfinale. "Das ist, was wir an ihr lieben. Egal, ob in der regulären Saison oder den Playoffs: Sie bringt immer die gleiche Mentalität." 

Selbst Becky Hammon, Trainerin des unterlegenen Halbfinalgegners Las Vegas Acers, ist begeistert von der Deutschen. "Ich liebe Fiebich, ich bin ein großer Fan", sagte Hammon und lobte besonders Fiebichs Defensivqualität: "Sie ist nah genug an der Gegnerin, dass man den Ball nicht einfach über sie hinwegwerfen kann, aber gleichzeitig weit genug weg, dass man nicht einfach an ihr vorbeidribbeln kann. Und sie ist tödlich [bei Würfen - Anm. d. Red.] von der Dreierlinie." Eine Einschätzung, die sich auch durch Zahlen belegen lässt. Fiebichs Dreierquote lag in der regulären WNBA-Saison bei 43,3 Prozent. Das war der zweitbeste Wert für einen Liga-Rookie in der 27-jährigen Geschichte der Liga.

Nun könnte Leonie Fiebich gemeinsam mit ihrer Klub- und Nationalmannschaftskollegin Nyara Sabally die zweite Deutsche werden, die in der besten Frauen-Basketball-Liga der Welt die Meisterschaft gewinnt. Dies war bisher nur Marlies Askamp gelungen, die 2002 mit den Los Angeles Sparks die begehrte Trophäe in die Höhe reckte.

Der Artikel wurde nach dem vierten Spiel der Finalserie aktualisiert.