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Profiteure der Krise

Peter Philipp 26. Februar 2003

Im arabischen Funk und Fernsehen tut sich was. Zum einen werben die USA mit arabischsprachigen Rundfunksendungen für ihr Land. Zum anderen werden die einheimischen Sender eindeutig peppiger, moderner und professioneller.

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Vorreiter Al Dschasira

Ein Termin für einen amerikanischen Angriff auf den Irak steht noch nicht fest, doch auf anderer Ebene ist der Krieg bereits in vollem Gange: Es ist der Krieg um die öffentliche Meinung - im Irak und in der Region. Er wird ausgetragen mit einem unvergleichbaren Aufwand und mit modernster Technik.

"Radio Freies Europa" und "Voice of America"

Die psychologische Kriegsführung Washingtons konzentriert sich bisher auf den Rundfunk. Radio Freies Europa mit Sitz in Prag sendet täglich auf Arabisch. In letzter Zeit hat es drastische Veränderungen im Sender gegeben: Das Programm wurde mit dem arabischen Programm der "Stimme Amerikas" ("Voice of America") zusammengelegt. Die Sendezeiten werden auf 24 Stunden ausgedehnt. Information und Musik sollen die Iraker, aber auch den Rest der arabischen Welt informieren - und dabei natürlich auch die amerikanische Position transportieren.

Vergessen sind die Zeiten des Ost-West-Konflikts, in denen die beiden Weltblöcke einander mit propagandistischen Kurzwellen-Programmen berieselten. Heute versucht man die Gegenseite eher mit Gefälligkeit und Popmusik zu gewinnen.

Extra Sender für die Region

"Radio Sawa" spricht vor allem ein junges Publikum an: Amerikanischer Pop und moderne arabische Musik wechseln sich ab und bieten jedem etwas. Information steht - bisher zumindest - noch nicht im Vordergrund. Aber es gibt kurze Kultur-Programme - etwa über neue Filme -, es gibt einen Chatroom, wo junge Araber sich mit jungen Amerikanern austauschen können. Und es gibt kurze, sachliche und eingängige Nachrichten. Radio Sawa richtet sich an ein arabisches Publikum außerhalb des Irak und will dort um Sympathie für den "american way of life" werben. Ob das gelingt, wissen die Radiomacher bisher selbst nicht. Nur, dass die Musik gut ankommt in Amman, Dubai oder wo Radio Sawa sonst noch zu hören ist - über UKW, Nilesat, Arabsat oder Eutelsat, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.

Neben "Radio Sawa" sendet seit Dezember "Radio Farda" auf Persisch - nach dem selben Strickmuster Pop und Information, um im Iran die überwiegend junge Bevölkerung zu gewinnen. Gar keine Hörerumfragen können jene Sender durchführen, die - getarnt als irakische Emigrantensender - aus Kuwait und anderen Nachbarländern des Irak senden. Erst recht nicht der Sender, der - wie einst in Afghanistan - von Bord eines amerikanischen Militärflugzeuges den Irak überfliegt und ihn aus der Luft mit Informationen und Appellen berieselt.

Auch die TV-Landschaft verändert sich

Das Fernsehangebot verändert sich nicht durch den direkten Einfluss ausländischer Sender, sondern von innen. Bislang zeichneten sich die meisten nahöstlichen Fernsehprogramme vor allem durch gähnende Langeweile aus - und dadurch, dass sie nur offizielle Positionen vertraten oder Propaganda betrieben. Das änderte sich vor einigen Jahren, als der Emir von Qatar beschloss, ein neues Zeitalter einzuläuten: Auf dem Insel-Emirat nahm "Al Dschasira" ("Die Insel") seine Sendungen auf, gemacht von Profis und in einem Stil, wie man ihn bislang in der arabischen Welt nicht gesehen und gehört hatte. Was da aus Qatar kommt, ist professionell und wirkt eher wie CNN als wie arabisches Fernsehen. Der Sender machte sich einen Namen, als er als einziger während der Luftangriffe auf Kabul von dort berichtete. Und natürlich, weil er immer wieder Video- oder Tonaufnahmen von Osama Bin Laden ausstrahlt.

"Al Dschasira" bekommt nun Konkurrenz: In Dubai beginnt der exil-saudische Sender MBC mit einem neuen Nachrichtensender namens "Al Arabiye", der mindestens so professionell wie "Al Dschasira" werden soll - während Qatar inzwischen an eine englischsprachige Version seines Programms denkt. Der Onkel des syrischen Präsidenten Assad betreibt überdies seit einiger Zeit einen Nachrichtenkanal, und auch die Programme der Golfstaaten werden immer professioneller. Der Grund hierfür liegt eindeutig in der Verbreitung dieser Programme über Satellit.

Die Macht der Satelliten

War Fernsehempfang früher meist auf die Hauptstädte begrenzt, kann man heute mitten in der Wüste Fernsehen aus der ganzen Welt empfangen. Solch eine Konkurrenz ist den staatlichen Sendern ein Ansporn, selbst besser zu werden. Tun sie es nicht, dann drohen sie ihr Publikum zu verlieren. Eine Entwicklung, die auch vor dem Iran nicht Halt gemacht hat: Trotz offiziellen Satellitenverbots im eigenen Land sendet Teheran ein halbes Dutzend Programme in alle Welt - und im Iran werden noch einmal so viele Satelliten-Programme gesehen, die von Exil-Iranern in den USA produziert werden.

Was jahrzehntelange Bemühungen von liberalen Politikern, Akademikern, Künstlern und Journalisten nicht erreicht haben - der Satellitentechnik ist es gelungen: Sie liberalisiert die nahöstlichen Medien und reduziert den Zugriff von Behörden und Zensur - eine Entwicklung, die unabhängig von der gegenwärtigen Spannung in der Region eingesetzt hat, hiervon aber profitiert.