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Prozess gegen regimekritische Journalistinnen

10. Januar 2023

In der belarussischen Hauptstadt Minsk stehen fünf Mitarbeiterinnen eines unabhängigen Nachrichtenportals vor Gericht. Die Vorwürfe wiegen schwer, die Öffentlichkeit bleibt draußen. Menschenrechtler protestieren.

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Schild TUT.by vor einem Büroeingang
Tut.by war das größte unabhängige Nachrichtenportal in Belarus - 2021 wurde es verboten (Archiv)Bild: Natalia Fedosenko/TASS/IMAGO

Die fünf Journalistinnen hatten für die größte unabhängige Nachrichtenseite Tut.by gearbeitet. Wie die Menschenrechtsorganisation Wjasna mitteilte, wird ihnen unter anderem Steuerhinterziehung und Aufstachelung zum Hass vorgeworfen. Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor einem Gericht in der Hauptstadt Minsk statt, die Angeklagten könnten zu Haftstrafen von bis zu zwölf Jahren verurteilt werden.

Tut.by hatte ausführlich über die Massenproteste in Belarus gegen den autoritär regierenden Staatschef Alexander Lukaschenko im Jahr 2020 berichtet. Das Portal hatte bis zu 3,3 Millionen Nutzer. 2021 wurde es von den Behörden als "extremistisch" eingestuft und verboten, mehrere Mitarbeiter wurden festgenommen. Chefredakteurin Marina Solotowa und die Generaldirektorin Ljudmila Tschekina sitzen seit Mai 2021 in Untersuchungshaft.

Ein am Montag von Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja veröffentlichtes Foto zeigte Solotowa und Tschekina, die vor Gericht in einem Käfig für Angeklagte saßen.

"Wir müssen alle Journalisten unterstützen, die für die Wahrheit kämpfen!", schrieb Tichanowskaja auf Twitter dazu. Laut Wjasna hatten die drei Mitangeklagten vor Prozessbeginn das Land verlassen.

Vorwürfe "frei erfunden"

Mehrere Journalisten, die früher für Tut.by arbeiteten, haben im Exil das neue Nachrichtenportal Serkalo gegründet. Serkalo erklärte, die Vorwürfe gegen ihre Ex-Kolleginnen seien "von Anfang bis Ende erfunden" und nur erhoben worden, "weil das Regime Angst vor echten Nachrichten hat". Belarus sei auf einem Weg in eine "alternative Realität", in der unabhängige Berichterstattung "als böse" angesehen werde, heißt es auf der Seite von Serkalo.

Seit den Massenprotesten 2020 gehen die belarussischen Behörden massiv gegen Journalisten und Aktivisten vor. Laut Wjasna gibt es in dem Land mehr als 1400 politische Gefangene. Nach Angaben des Belarussischen Journalistenverbands sind derzeit 32 seiner Mitglieder im Gefängnis und warten auf ihren Prozess oder sitzen ihre Haftstrafen ab.

Weitere Prozesse gegen Regimekritiker

In der vergangenen Woche hatte in Minsk ein Prozessgegen den inhaftierten FriedensnobelpreisträgerAles Bjaljazki begonnen. Dem Mitgründer von Wjasna und mehreren Mitstreitern drohen zwischen sieben und zwölf Jahre Haft.

Ales Ales Bjaljazki an einem Rednerpult daneben eine Leinwand mit seinem Foto zum Alternativen Nobelpreis
Ales Ales Bjaljazki, Gründer der Menschenrechtsorganisation Wjasna erhält in Stockholm den Alternativen Nobelpreis 2020Bild: Anders Wiklund/TT/REUTERS

Ab Dienstag kommender Woche wird auch Oppositionsführerin Tichanowskaja in Abwesenheit der Prozess gemacht. Der im Exil lebenden Politikerin werden Hochverrat, Verschwörung zum Sturz der Regierung und Bildung einer extremistischen Organisation vorgeworfenen.

mak/bru (afp, ape, zerkalo.io)