Politische Morde
2. März 2009João Nino Vieira wurde am Montag (02.03.2009) im Präsidentenpalast der Hauptstadt Bissau erschossen, wie der Sicherheitsberater des Ministerpräsidenten mitteilte. Vieiras politischer Gegner Generalstabschef Baptista Tagmé Na Waié war am Sonntagabend bei einer Detonation im Hauptquartier der Streitkräfte ums Leben gekommen.
Kurz darauf hätten sich Soldaten in der Nähe des Präsidentenpalastes versammelt und die Residenz mit Schusswaffen und Raketen angegriffen, meldete die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa. Fregattenkapitän Zamura Induta erklärte, Vieira sei erschossen worden, als er aus einem Haus fliehen wollte.
Die Militärführung mühte sich um Distanzierung von der Aktion. Vieira sei am Montag von einer "Gruppe noch nicht identifizierter Bürger" ermordet worden, heißt es in einer Mitteilung des Generalstabs in Bissau. Die Armee unterstütze die demokratisch gewählte Institutionen, wurde offiziell beteuert.
Tod Vieiras politischer Racheakt
Johannes Beck, DW-Experte für das Portugiesischsprachige Afrika geht davon aus, dass es sich bei der Ermordung des Staatspräsidenten um einen Racheakt für die Tötung des Generalstabschef Na Waié handelt. Staatsführer und Militär seien schon lange verfeindet gewesen. "Es war seit einigen Jahren zu erwarten, dass sich die Militärs an ihm rächen werden“, sagt Beck. So habe Vieira den Soldaten einen versprochenen Sold für Einsätze gegen Casamance-Autonomiebewegung aus dem Senegal nicht ausbezahlt.
Bereits im November 2008 hatte es einen Anschlag auf den Präsidenten gegeben, bei dem zwei Menschen getötet wurden. Seitdem ließ sich Vieira von einer 400 Mann starken Miliz bewachen. Im Januar beschuldigte das Militär diese Truppe eines Angriffs auf Na Waié und ordnete deren Auflösung an.
"Gescheiterter Staat" - Chaos zu erwarten
Die Afrikanische Union verurteilte die Ermordung Vieiras. Kommissionspräsident Jean Ping zeigte sich tief bestürzt und verurteilte die Tat als "kriminellen Akt". EU-Außenbeauftragte Javier Solana rief dazu auf, die verfassungsmäßige Ordnung in Guinea-Bissau aufrecht zu erhalten. DW-Experte Beck befürchtet, dass das westafrikanische Land nach den Anschlägen im "totalen Chaos" versinken wird. Es seien weitere gewalttätige Auseinandersetzungen zu erwarten, die staatlichen Institutionen Guinea-Bissaus seien zu schwach, um die Kontrolle im Land gewährleisten zu können. "Schon seit langem handelt es sich bei Guinea-Bissau um einen der gescheiterten Staaten Afrikas. Es ist nach den Anschlägen zu erwarten, dass sich die politische Lage noch mal deutlich verschlechtert“, sagt er.
Das Land mit geschätzt 1,7 Millionen Einwohnern ist seit der Unabhängigkeit von Portugal 1974 mmer wieder von Unruhen erschüttert worden. Guinea-Bissau gilt zudem als einer der wichtigsten Drogenumschlagplätze zwischen Südamerika und Europa. Die kolumbianische Drogenmafia nutzt die kaum kontrollierten Inseln vor der Küste des Landes als Zwischenstopp. Kritiker haben Vieira, der 2005 die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, wiederholt vorgeworfen, an dem lukrativen Handel beteiligt zu sein. Auch andere Regierungsbeamte und staatliche Stellen gelten als Komplizen des Drogenhandelns.
Die frühere Kolonialmacht Portugal berief eine Dringlichkeitssitzung der Gemeinschaft Portugiesischsprachiger Länder (CPLP) nach Lissabon ein. (sas)