Fremdsprachen
4. Oktober 2006Der Verkehr kriecht und die Ampel springt schon wieder auf rot. Der Bus scheint überhaut nicht voranzukommen. Für die Fahrgäste ist das immer noch ärgerlich genug, aber jetzt können sie die Wartezeit wenigstens sinnvoll nutzen: Sie können zum Beispiel lernen, dass "Merhaba" "Guten Tag" auf türkisch heißt und man den Engländern zum Essen "enjoy your meal" wünscht.
Hamburg ist eine von sechs Städten, die sich jetzt an dem europäischen Projekt "Learning by moving" in öffentlichen Verkehrsmitteln beteiligt. Angesichts der 85.000 in Hamburg lebenden Türken wählte die Volkshochschule - Partnerin der EU-Kommission in diesem Projekt – neben Englisch Türkisch als die in den Sprachbussen zu erlernende Fremdsprache.
Internationale Komunikation
Das von Experten entwickelte Konzept sieht vor, dass die Fahrgäste während der Fahrt auf Plakaten und Monitoren vier Wochen lang zweisprachig mit kurzen englischen und türkischen Ausdrücken konfrontiert werden. Ziel des Projekts sei es, dass die reisenden Sprachschüler "eine Reihe von Redewendungen für den Alltag in der Zielsprache gelernt haben - ein erster Schritt in Richtung internationaler Kommunikation", heißt es auf der Internetseite von "Learning by Moving".
"Die Fahrgäste können so die tägliche Zeit auf dem Weg zur Arbeit sinnvoll nutzen", erklärt Angele Giuliano, der das Projekt auf Malta bereits initiiert hat und mit seinem Unternehmen die dazugehörige mehrsprachige Internetseite entwickelt hat. "Man kann eine andere Kultur nicht richtig einschätzen, wenn man nicht die Sprache kann", sagt er.
Den Bedürfnissen angepasst
Auf Malta und in Rumänien können Buspassagiere Italienisch erlernen. Englisch sprechen die Malteser ohnehin schon, und mit Italienisch-Kenntnissen haben sie die Möglichkeit, die zahlreichen italienischen Touristen auf ihrer Insel besser zu verstehen.
In der Mailänder Metro werden die Fahrgäste hingegen zum Spanischlernen angeregt. Dies soll zur besseren Integration der südamerikanischen Minderheit in der Stadt führen, nachdem sich in der norditalienischen Metropole bereits einige Latino-Straßengangs nach Los Angeles-Vorbild gebildet haben.
Für Rumänen ist Italien hingegen ein begehrter Arbeitsmarkt. Und nicht zuletzt soll das EU-Projekt "Learning by Moving" auch die Mobilität von Arbeitskräften in der EU fördern.
Von der EU gefördert
Die Idee für das Projekt "Learning by Moving" entstand in einer Sprachschule in Vilnius, die für die Realisierung EU-Hilfen in Höhe von 385.000 Euro erhielt. Die Sprachbusse in der litauischen Hauptstadt haben Englisch und Polnisch auf dem Lehrplan. Bei der Auswahl dieser beiden Sprachen geht es aber eher um die berufliche Fortbildung der Litauer als um das "Abbauen von Vorurteilen" wie in Hamburg. Und wer zusätzlich einen Bewertungsbogen ausfüllt, nimmt an einer Verlosung teil. Erster Preis, wie sollte es anders sein, ein Sprachkurs.
Eine Sprache zu erlernen sei der beste Weg, eine andere Kultur kennen zu lernen, sagt Tina Allerheiligen, Sprecherin des Projektpartners "Hamburger Hochbahn". Es sei zunächst für vier Wochen angesetzt, danach werde über eine Verlängerung entschieden, möglicherweise auch mit zusätzlichen Sprachen, so ihre Ankündigung.