Russland: Agenten-Status für Organisation von Soldatenfrauen
1. Juni 2024Russland hat die Frauenorganisation Put Domoi, die sich für eine Rückkehr mobilisierter russischer Soldaten aus der Ukraine einsetzt, als "ausländischen Agenten" eingestuft. Zu Begründung erklärte das Justizministerium in Moskau, die Bewegung habe ein "negatives Bild" des Staates und der russischen Armee vermittelt und zu illegalen Protesten aufgerufen. Die Aktivistin Maria Adrejewa, eine der Anführerinnen von Put Domoi, wurde in diese Kategorie eingruppiert.
Die Ehefrauen und Partnerinnen von in der Ukraine kämpfenden Soldaten hatten als Teil der Frauenorganisation Put Domoi (russisch für: Weg nach Hause) Anfang des Jahres auf dem Roten Platz in Moskau für die Rückkehr ihrer Männer und Freunde demonstriert.
Aufforderung zu Protesten in mehreren Städten
Die Organisation rief damals in Online-Netzwerken zu Kundgebungen in mehreren russischen Städten auf. Die Frauen versammelten sich wochenlang regelmäßig an der Kreml-Mauer und legten symbolisch Blumen am Grabmal des Unbekannten Soldaten nieder.
Während Sicherheitskräfte seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine im Februar 2022 verstärkt gegen Andersdenkende vorgehen, schritt die Polizei bei den Protesten der Frauen bislang nicht ein - offenbar wollten die Behörden weitere Unruhe durch eine Festnahme von Frauen vermeiden.
Auch die unabhängige Kommunalpolitikerin Jekaterina Dunzowa und das unabhängige Medium "Sota" wurden auf die Liste "ausländischer Agenten" gesetzt. Dunzowa hatte versucht, bei den Präsidentschaftswahlen im März gegen Kremlchef Wladimir Putin anzutreten. Mit Verweis auf angebliche Formfehler wurde ihr dies allerdings untersagt. Sie hatte sich unter anderem für eine Beendigung des Kriegs gegen die Ukraine eingesetzt.
"Etwas schwieriger, sich auszudrücken"
Als "ausländische Agentin" kann Dunzowa nicht mehr für ein öffentliches Amt kandidieren. Dennoch werde sie ihre Bemühungen um die Gründung einer politischen Partei nicht aufgeben, sagte die 41-Jährige. Es werde nun lediglich "etwas schwieriger, sich auszudrücken".
Den Schritt gegen "Sota", eines der wenigen unabhängigen Medienprojekte in Russland, begründete Moskau damit, das Medium habe die Offensive in der Ukraine kritisiert. Zudem gehörten zu den Mitarbeitern "ausländische Agenten", die außerhalb Russlands lebten.
Hunderte Menschen, unter ihnen Menschenrechtsaktivisten, Oppositionelle und unabhängige Journalisten, sowie zahlreiche Organisationen wurden in den vergangenen Jahren in Russland als "ausländische Agenten" eingestuft. Dies hat strenge Auflagen für die Betroffenen zur Folge.
Unter anderem müssen sie ihre Finanzierungsquellen offenlegen. Zudem sind sie verpflichtet, ihre Veröffentlichungen entsprechend zu kennzeichnen - auch Einträge in Online-Netzwerken. Die Einstufung von Personen und Organisationen in diese Kategorie gilt insbesondere seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine als Mittel der Repression, um Kritiker im eigenen Land mundtot zu machen.
jj/kle (dpa, afp)