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Müller wird Wowereit-Nachfolger

Bettina Marx18. Oktober 2014

Die Berliner SPD hat Bausenator Michael Müller für das Amt des Regierenden Bürgermeisters nominiert. Der 49-Jährige setzte sich bereits im ersten Wahlgang durch. Der Neue ist das Gegenteil von seinem Vorgänger Wowereit.

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Michael Müller wird Regierender Bürgermeister von Berlin
Bild: Reuters/Hannibal

11.000 Berliner SPD-Mitglieder hatten sich an der Abstimmung beteiligt, etwa zwei Drittel der Parteimitglieder in der Hauptstadt. Ihr Votum fiel überraschend deutlich aus: Müller erhielt 59,1 Prozent der Stimmen. Der Parteivorsitzende Jan Stöß, der dem linken Flügel der SPD zugerechnet wird, landete mit 20 Prozent auf Platz 2. Fraktionschef Raed Saleh, der lange als Favorit gegolten hatte, erhielt nur 18,6 Prozent der Stimmen.

Müller wird Nachfolger von Klaus Wowereit, der fast 14 Jahre Regierender Bürgermeister von Berlin war. Er hatte seinen Rücktritt im August angekündigt. Einen Favoriten für seine Nachfolge hatte er nicht genannt. Dennoch galt Müller lange als sein natürlicher Nachfolger. Denn der gelernte Drucker aus dem Berliner Bezirk Tempelhof und Vater von zwei Kindern, war von 2004 bis 2012 Parteichef in Berlin. Dann wurde er von Jan Stöß gestürzt. Sein deutlicher Sieg im ersten Wahlgang vor seinem Widersacher von einst dürfte Müller nun Genugtuung verschaffen.

Michael Müller wird Regierender Bürgermeister von Berlin
Michael Müller nimmt die Glückwünsche seiner unterlegenen Konkurrenten entgegenBild: Reuters/Hannibal

Gemeinsam für Berlin

Nach der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses im Kurt-Schumacher-Haus in Berlin zeigte sich der Wahlsieger glücklich über die deutliche Zustimmung in seiner Partei. Er habe nicht mit einem so klaren Ergebnis in der ersten Runde gerechnet, sagte Müller. Für die Zukunft wolle er mit seinen unterlegenen Konkurrenten gut zusammenarbeiten. "Wir haben ein gemeinsames Ziel: Wir wollen die Stadt gut regieren und wir wollen über 2016 hinaus die führende Kraft in Berlin sein."

Bei der Landtagswahl 2011 hatte Müller erneut ein Direktmandat im Bezirk Friedrichshain errungen. In der Regierungskoalition mit der CDU wurde er Senator für Stadtentwicklung und Umwelt. Als Chef einer Behörde mit 2000 Mitarbeitern sah er sich vor fast unlösbaren Aufgaben, denn Berlin ist eine immer populärer werdende, aber arme Stadt mit hoher Arbeitslosigkeit und einem hohen Ausländeranteil. Kritiker werfen Müller vor, dass er zu wenig für den sozialen Wohnungsbau tue und mit seinen Programmen vor allem den Bau von Eigentumswohnungen fördere. Er verspreche nicht allen alles, konterte Müller kühl, als sein Widersacher Stöß ihn im innerparteilichen Wahlkampf mit diesen Vorwürfen konfrontierte. Dennoch kündigte er an, sich für ein Umwandlungsverbot von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einzusetzen.

Zuverlässig, aber ohne Glamourfaktor

Der frisch gekürte Bürgermeisterkandidat gilt als fleißig, zurückhaltend und verlässlich, jedoch wenig charismatisch. Im Jahr 1996 wurde er erstmals ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt, zusammen mit Klaus Wowereit, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verbindet. Dabei stellte Müller das genaue Gegenteil des glamoureusen "Wowi" dar. Er war sozusagen das trockene Gegenstück zu dem fröhlichen Partygänger Wowereit, der bis zu dem Debakel um den Hauptstadtflughafen in seiner Stadt ausgesprochen beliebt war. Er wisse, dass er keinen Glamour vorweisen könne, sagte der Bausenator bei einer der zahlreichen Vorstellungsrunden in den Berliner Bezirken in den letzten Wochen. Mehrfach soll er in den letzten Jahren auch mit dem Gedanken gespielt haben, sein Amt aufzugeben. Zum Beispiel bei der Volksabstimmung über das Tempelhofer Feld. Eine Mehrzahl der Bürger Berlins lehnte die Pläne des Senats das ehemalige Flugfeld, das seit seiner Schließung als populärer Freizeitpark genutzt wird, teilweise zu bebauen.

Klaus Wowereit mit der italienischen Filmschauspielerin Gina Lollobrigida und der ehemaligen Fernsehmoderatorin Sabine Christiansen. Foto: DPA
Partylöwe WowereitBild: picture-alliance/dpa

Vielleicht war es dieser zögerlichen Art geschuldet, dass Müller als letzter seine Kandidatur für die Nachfolge Wowereits anmeldete, lange nach Saleh und Stöß, die sich sehr schnell erklärt hatten. An Selbstbewusstsein scheint es ihm gleichwohl nicht zu mangeln. "Ich weiß genau, wie Berlin tickt", sagte er einmal. "Ich bin seit 49 Jahren Berliner." Damit setzte er sich ausdrücklich von seinen zwei Konkurrenten um das Amt des Stadtoberhauptes ab: Jan Stöß kommt aus Hildesheim, Raed Saleh ist gebürtiger Palästinenser und als Kind aus dem Westjordanland nach Deutschland gekommen.

Wie geht es weiter in Berlin?

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel gratulierte Müller zu seiner Wahl. Damit habe die Berliner SPD einen hervorragenden Kandidaten für die Nachfolge Wowereits bestimmt. "Ich bin überzeugt: Michael Müller wird diese erfolgreiche Politik in der bundesdeutschen Hauptstadt weiterführen und eigene Akzente setzen." Gabriel zeigte sich auch zufrieden, dass die SPD mit der Urwahl des Kandidaten "wieder einmal Maßstäbe für innerparteiliche Demokratie gesetzt habe".

Glückwünsche gab es auch vom Koalitionspartner CDU. Partichef Frank Henkel beglückwünschte den Wahlsieger. Jetzt komme es darauf an, dass sich die gesamte Landes-SPD hinter den Kandidaten stelle. In der Regierung müsse nun wieder über Inhalte gesprochen werden.

Die Kisten mit den Briefen der SPD- Mitglieder werden in die Parteizentrale gebracht. Foto: REUTERS
Am Vormittag wurde die Briefwahl ausgezähltBild: Reuters/Hannibal

Die Berliner SPD wird Müller bei einem Landesparteitag am 8. November als Kandidaten für die Nachfolge Wowereits präsentieren. Am 11. Dezember gibt dieser seine Amtsgeschäfte auf. Dann muss das Abgeordnetenhaus einen neuen Regierenden Bürgermeister wählen. Die Opposition in Berlin forderte jedoch, die Wahl des neuen Regierungschefs auf November vorzuziehen. Es gebe keinen Grund, bis Dezember zu warten, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ramona Pop. Drängende Themen wie der Länderfinanzausgleich, der Wohnungsbau, die Infrastruktur oder der BER ließen keine Wartezeit zu. Die Regeirung müsse schnell arbeitsfähig sein.